Amok Baby (André Bawar)

Amok Baby (André Bawar)

Klappentext:

Einer Mordserie in Berlin fallen mehrere Mediziner zum Opfer. Alle haben mit gehandicapten Kindern viel Geld verdient … und sich schuldig gemacht. Nun müssen sie sterben, einer nach dem anderen. Kommissar Piontek kommt Korruption und miesen Geschäftspraktiken auf die Spur. Doch was treibt den Täter an, und was hat es mit der kleinen Friederike Marx auf sich? Der Kommissar und das Mädchen haben scheinbar nichts miteinander zu tun – und sind doch schicksalhaft und todbringend miteinander verbunden …


Rezension:

Ein angesehener Berliner Kinderchirurg wird ohne rechte Hand und Kopf an der Grenze seines Grundstücks gefunden – Kriminalhauptkommissar Piontek übernimmt mit seiner Mordkommission die Ermittlungen und findet sich sehr schnell einem offensichtlichen Feldzug gegen Mediziner aller Art gegenüber wieder. Doch nicht nur Ärzte sind von dem raffinierten und alles andere als zimperlichen Serientäter betroffen, auch Mitarbeiter von sozialen Einrichtungen und Herstellern unterstützender Gerätschaften müssen um ihr Leben fürchten. Es dauert eine ganze Weile, bis das Ermittlungsteam endlich auf eine wirklich heiße Spur stößt und feststellt, dass es einen gemeinsamen Nenner bei den Opfern gibt: Sie alle haben sich auf die Behandlung von geistig und/oder körperlich behinderten Kindern spezialisiert. Und sind scheinbar in tieferen Korruptionen verstrickt, als man auf den ersten Blick erkennen mag. Für Piontek und sein Team gilt es nun, diese Verstrickungen zu entwirren und den Täter festzusetzen – und das schnellstmöglich, denn der Rachefeldzug scheint nicht enden zu wollen …

André Bawar ist bekannt für seine Küstenkrimis um Olaf „Ole“ Hansen. Mit Amok Baby wagt er nun einen Schritt in Richtung Thriller und schöpft dabei gleich aus den Vollen. Beruhend auf wahren Begebenheiten geht der Autor hart mit dem deutschen Gesundheitssystem ins Gericht und spinnt ein erstaunliches Netz aus Intrigen, Korruption und Ungeheuerlichkeiten im Umgang mit gehandicapten Kindern. Der ausgestreckte Zeigefinger ist dabei nicht allzu offensichtlich, Bawar versteht es recht gut, seine Kritik in einer spannenden Geschichte zu verpacken. Hilfreich dabei ist sicherlich auch der ständige Wechsel der Erzählperspektive, denn auf diese Weise bekommt der Leser vielschichtigen Einblick von mehreren Seiten und auch Zeitpunkten. So erfährt er einerseits, wie die Ermittlungen vorangehen, lernt aber auch den Täter quasi aus nächster Nähe kennen. Am wichtigsten ist aber tatsächlich die Vorgeschichte, die diesen erst dazu veranlasst hat, auf einen umfassenden Rachefeldzug zu gehen. Von der Geburt an bis hin zu ihrem viel zu frühen Tod wird der Werdegang der kleinen Friederike Marx erzählt, wobei der Autor viel Wert darauf gelegt hat, neben den Emotionen der Eltern auch die Vorgänge in Kliniken und sozialen Hilfsorganisationen näher zu bringen.

Amok Baby sticht durch sein auffälliges, obwohl eher schlicht gestaltetes Cover sofort ins Auge und kann das, was die grelle Schriftfarbe verspricht, in jedem Fall halten. Mit teilweise recht blutig und anschaulich beschriebenen Morden, gehen dem Leser allerdings besonders die Passagen um Friederike nahe. Mehr als einmal stockt einem der Atem und man kann nur fassungslos mit dem Kopf schütteln. Und André Bawar gelingt es, den Leser bis fast ganz zum Schluss im Ungewissen zu lassen – denn obwohl die Vermutungen schnelle Schlüsse zulassen, ist man am Ende von der tatsächlichen Identität des Täters doch ziemlich überrascht. Trotz der verhältnismäßig geringen Seitenzahl kann dieser Thriller definitiv polarisieren, denn es dürfte selten vorkommen, dass man die Handlungen auf eine derartige Weise nachvollziehen und verstehen kann. In jedem Fall liefert Bawars fünfter Roman zahlreiche Grundlagen für ausgiebige Diskussionen – ein Thriller, der wegen seiner Wirklichkeitsnähe eine ganze Weile im Kopf nachhallt und den Blick des Lesers auf die Gegebenheiten des deutschen Gesundheitssystems verändert.


Fazit:

Amok Baby sticht mit seinem Cover sofort ins Auge – und kann nach einer kleinen Aufwärmphase auch mit seiner Story schockieren. André Bawar wagt mit seinem fünften Buch nicht nur einen Wechsel vom Küstenkrimi zum (Psycho-)Thriller, sondern geht auch gleich ziemlich hart mit dem deutschen Gesundheitssystem ins Gericht. Die auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte um Friederike Marx fesselt und reißt mit, lässt den Leser immer wieder stumm aufschreien und den Kopf schütteln, erschüttert und bleibt bis fast zur letzten Seite spannend. Ein deutsches Thriller-Highlight in diesem Jahr!



|



eine Kommentar
  1. Ina Degenaar sagt:

    Hallo,
    ich bin gerade durch die BLOG-Gruppe bei Facebook auf deinen Blog aufmerksam geworden. Die Rezension hat mir sehr gut gefallen, den Autor kannte ich bisher noch nicht. Da ich für einen guten Thriller immer zu haben bin, werde ich das Buch mal auf meine WuLi setzen.
    Viele Grüße
    Ina

Leave a Reply