Enttäuschungen und der Umgang mit ihnen

Achtung, dieser Beitrag ist einmal mehr äußert persönlich.
Kommentare sind wie immer gern gesehen, dumme Sprüche bitte zu unterlassen.
Danke.

In der letzten Zeit habe ich mir wieder angewöhnt, viel Tagebuch zu schreiben. Jedoch nicht so, wie man es sich jetzt vielleicht gern vorstellen möchte – es gibt da kein „heute habe ich diesen ultrasüßen Jungen wiedergesehen, der ist ja so megaheiß, mir ist ganz schwindelig geworden, wie immer, wenn ich auch nur an ihn denke“ oder irgendwas in dieser Art. Im Grunde ist es auch kein richtiges Tagebuch-Führen, vielmehr würde ich es derzeit als eine Art Gedankennotizbuch bezeichnen. Vor einigen Jahren war ich noch viel hier im Blog unterwegs, um meine Gedanken festzuhalten – inzwischen schreibe ich wieder ganz altmodisch mit blauem Stift auf weißem Papier. Was auf Dauer anstrengender ist und mehr Zeit in Anspruch nimmt, wodurch das Geschriebene allerdings auch ein besonders persönliches Gesicht bekommt.

Was soll das Geschwafel, fragen sich möglicherweise einige LeserInnen.
Nun, es gibt Momente und Gedanken im Leben, die ich gerne mit anderen Menschen teilen möchte. Gestern Nachmittag, nach einem leider viel zu kurzen Treffen mit meinem Vater und dessen Freundin, gingen meine Gedanken vor allem in die Richtung „familiärer Zusammenhalt“, und der ist in meiner Familie – subjektiv aus meiner Sicht betrachtet – kaum bis gar nicht vorhanden. Jedenfalls nicht so, wie ich es von anderen Familien kennen gelernt habe. Lange fand ich das extrem schade und habe mich selbst bemitleidet, inzwischen lebe ich jedoch ganz gut damit und weiß auch, dass ich diese Situation in Teilen mitverschuldet habe und in der Lage bin, daran etwas zu ändern.

Um auf den Punkt zu kommen und den Kreis zu dem, was Hauptgrund des Postings sein soll, schließen zu können: Es gab zu Weihnachten ein paar Gespräche mit meinem Bruder, die meine Sichtweise auf das Verhältnis zu unserer Mutter wieder drastisch geändert haben. Das brachte auch Enttäuschung mit sich, die mehrere Gründe hat – auf die ich, man möge mir verzeihen, an dieser Stelle nicht weiter eingehen möchte.
Doch das Nachdenken über diese Enttäuschung, die nicht meine erste war und mit Sicherheit auch nicht die letzte in meinem Leben bleiben wird, ging dann in ein Schauen darauf über, was ich Positives aus dieser Situation ziehen konnte. Und am Ende kamen Gedanken auf, die mich selbst erstaunt haben, denn ich bin sonst gar nicht der Typ für solche Gedanken. Klingt komisch, ist aber so.

Und eben diese Gedanken sind es, die ich mit meinen LeserInnen teilen möchte. Weil ich denke, dass sie nicht nur für mich wichtig sind, sondern hoffentlich auch anderen ein paar neue Sichtfenster öffnen können.

Doch wegen einer Enttäuschung darf man nicht direkt das Vertrauen in andere Menschen verlieren. Das ist eine der zahlreichen Lektionen, die ich im letzten Jahr gelernt habe, und wenn ich genauer darüber nachdenke, dann stelle ich fest, dass mein Vertrauen mit jedem neuen Tag ein bisschen wächst. Und dafür gibt es ja auch jeden Grund: All die Menschen, die meinen Weg inzwischen nicht nur begleiten, sondern ihn zum Teil auch mit mir bestreiten, haben mein Vertrauen verdient. Sie sind für mich da, beruhigen mich, bauen mich auf, unterstützen mich und holen mich auf den Boden der Tatsachen zurück, wenn ich mal wieder zu positiv oder negativ denke. Für fast jede Situation gibt es Menschen in Hamburg, die für mich da sind und genau das Richtige zu tun wissen. Erstaunlich, dass ich es über so viele Jahre ohne ein solches Netzwerk ausgehalten habe, ohne durchzudrehen. Aber daran war ich zum größten Teil selbst schuld und nun habe ich die Möglichkeit, etwas zu ändern und mein Leben so zu gestalten, dass ich es nach meinen Vorstellungen leben kann.

Es mag nur eine kleine Geste sein, doch mit der Darlegung dieser doch sehr persönlichen Gedanken möchte ich mich bei meinem Netzwerk bedanken, nicht nur bei den inzwischen wirklich wichtigen Hamburgern, sondern auch all den anderen, die deutschlandweit verteilt sind. Ihr wisst, dass ich genau euch meine. Seid fest umarmt!


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13 Kommentare
  1. Nenny sagt:

    :o*
    Reicht.
    Viele Worte sind ausnahmsweise mal überflüssig. (;

  2. Cindy roth sagt:

    Sehr schön geschrieben. Und genau auf den Punkt gebracht! Versuche auch gerade mit einer für mich großen Enttäuschung umzugehen, und mich nicht dadurch unterkriegen zu lassen, sonder es als Anfang zu sehen, etwas zu ändern!

  3. Cindy sagt:

    Dein Blog gehört schon fast zum Tagesablauf. Hab die ganze Woche beim frühstücken Schon gestöbert!

  4. Cindy sagt:

    Gern geschehen! Noch hab ich auch noch einiges zu lesen. Bin jetzt im März 2011 angekommen.

    • Schattenkämpferin sagt:

      Oha. Dann kommst Du jetzt so langsam in die alten Sachen. Vieles habe ich aber beim Umzug von blogspot zu wordpress nicht mitgenommen, das lagert da immer noch ein.

  5. magenbrot sagt:

    warum gibt es enttäuschungen? weil es erwartungen gibt…
    warum gibt es erwartungen? weil man ein kodierung hat und nach dieser kodierung lebt…sich etwas so und nicht anders vorstellt/wünscht…
    ist es richtig die welt in zwei zu teilen?
    enttäuschende und enttäuschte menschen… anstatt enttäuscht zu sein, mitgefühl haben… es gibt nicht nur gute menschen… auch nicht nur schlechte menschen…
    menschen sind alle gut und schlecht… „enttäuschend und enttäuscht“ …
    daher, enttäuscht zu sein und auf jemanden zu zeigen, ist der einfachere weg… (den ich leider zu oft gehe)

  6. magenbrot sagt:

    es wäre schöne keine vorstellungen haben… dafür sind wir (alle) leider zu stark geprägt worden (kodierung)

  7. Caterina sagt:

    Huhu Schattenkämpferin,

    ich danke dir für deinen lieben Kommentar auf meinem Blog. Da musste ich doch gleich mal einen Gegenbesuch starten. Ein sehr schöner und wirklich persönlicher Beitrag. Er gefällt mir richtig gut und zeigt, was es für dich bedeutet, wie wichtig der Familienzusammenhalt ist. Ich komme selber aus einer recht großen Familie und weiß ganz genau was du meinst. Man muss sich wie ich finde mehr Zeit für einander nehmen, denn wer weiß, wie lange die Familie noch da ist :)

    Liebe Grüße, Caterina

  8. Dreadnoughts sagt:

    Über Enttäuschung denke ich seit einigen Tagen das:

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    Ich habe deine Hand gehalten, als sie mich brauchte. Habe die Scherben deiner Splitter weggeräumt, dich zusammengetragen und ins Bett gelegt. Die viel zu heiße Wärmflasche weit entfernt geparkt, bei den Rotweinflaschen, die so lieblich riefen. Ich habe dein Zwiegestirn zum Heitern gebracht und nahm dir ein wenig die Angst vor dem Dunkel jenseits der Tür. Immer, wenn du Hilfe brauchtest, folgte ich deinem Ruf, umsorgte dich, so gut ich es konnte. Schatten aus der Schweiz, in der man freiwillig sterben konnte, gefolgt von Wölkchen aus Nichts bei der Vollnarkose während einer OP oder den befreienden Schnitten ins tiefe Fleisch – alles habe ich mir anhören müssen, während sich das raue Holz deiner Arche verfinsterte. Aber irgendwann kam auch bei mir der Siedepunkt unter Nullen, als ich Hilfe brauchte. Und du sie mir bis heute, mit dir zusammen, verweigerst: Gelöscht, ausgegrenzt, ignoriert. Nicht mehr existent.
    Der beste Freund.
    Allein.
    Mit dem Krebs.

    ———————————————————
    LGD.

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