Ich habe Angst.

Meine lieben Leser,

ich habe mich in den letzten Tagen sehr zurückgezogen. Das lag zum einen daran, dass ich weiterhin viel arbeite und kaum Zeit für irgendwas Privates finde. Zum anderen aber beschäftige ich mich, wie viele andere wohl auch, vor allem gedanklich viel mit den aktuellen Geschehnissen. Die Anschläge in Paris haben mich erstmal sprachlos gemacht. Nicht nur, weil ich während meiner Zeit in Los Angeles wunderbare Franzosen, darunter auch in Paris lebende, kennengelernt habe und mir um diese natürlich Sorgen gemacht habe, sondern auch weil der Terror so unglaublich nah gekommen ist.

Als am 11. September damals die Twin Towers angegriffen wurden, kam ich aus der Schule nach Hause und wollte mir wie immer einen entspannten Nachmittag und Abend vor dem Fernseher gönnen. Meine Lieblingsserien anschauen. Aber überall lief das Gleiche, auf allen Sendern wurden die gleichen Bilder gezeigt, und ich wusste überhaupt nicht, was los ist. Ich erinnere mich nur noch, dass ich als nichts begreifender Teenager sauer war, weil mir mein gewohnter Tagesabschluss vergönnt war. Und dass wir in der Schule nicht über diese Angriffe gesprochen haben. Dass die Lehrer mit dem ganz normalen Unterrichtsstoff weitergemacht haben. Dass das Thema in keiner Weise zur Sprache kam.

Normalerweise halte ich mich aus politischen Geschichten raus. Weil ich nicht viel Ahnung habe von all diesen Geschichten. Doch jetzt muss ich einfach darüber schreiben. Auch wenn ich nicht viel sagen kann.
Nur dass ich Angst habe. Wirklich Angst. Unglaubliche Angst.

Damals, als New York einen der schwärzesten Tage der amerikanischen Geschichte erlebt hat, da war das alles ganz weit weg. Ein ganzer Ozean lag zwischen dem Ort dieses schrecklichen Geschehens und uns. Auch die Anschläge in der Türkei und in Ägypten und überall sonst sind verhältnismäßig weit entfernt.
Aber Paris, Paris ist so unglaublich nah. Frankreich ist unser direktes Nachbarland und ich war selbst vor einigen Jahren einmal dort und wollte immer mal wieder hin. Paris ist die Stadt der Liebe und erlebt so viel Hass. Wie passt das zusammen?

Und jetzt, heute Abend, wurde das Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die Niederlande abgesagt. Das Fußballspiel, das in Hannover stattfinden sollte. Hannover. Das ist noch viel näher als Paris, was mir schon viel zu nah war. Die Grenzen verschwimmen und ich frage mich, was die Menschen dazu bewegt, im Namen ihres Gottes derartige Taten zu vollbringen. Während andere Menschen, die doch an denselben Gott glauben, so friedfertig sind und sich sogar öffentlich von diesen Taten distanzieren. Wenn der Gott doch derselbe ist, wie können die Gedanken und Handlungen dann derart auseinanderklaffen?

Die Welt, wie wir sie kannten, wir hier in Deutschland, fernab von Krieg und Terror und Attentaten dieser Größenordnung, diese Welt scheint gerade unterzugehen.
Mir fehlen die Worte. Immer noch. Wieder.
Ich habe Angst. Schreckliche Angst. Und ich finde kein Ventil dafür.

Und ja, mir ist bewusst, dass dieser Artikel in keiner Weise hilft. Weder den Opfern noch den Angehörigen, weder gegen Terroristen noch gegen Krieg im Allgemeinen. Ich weiß auch, dass auf der Welt so viel mehr Schlimmes passiert, jeden Tag und überall. Dinge, die nicht durch die Medien gehen, die nicht solche Aufmerksamkeit bekommen wie die Terroranschläge in New York oder Paris, obwohl sie genau dieselbe Aufmerksamkeit verdient hätten. Es tut mir leid, dass diese Welt so ungerecht ist. Und es tut mir leid, dass ich nicht viel mehr tun kann, um das zu ändern. Die Menschen müssen aufwachen. Und aufstehen. Füreinander.

Aber ich habe Angst. Lähmende Angst. Alles überschattende Angst.
Denn was wird sein, wenn wir morgen aufwachen?

candles


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5 Kommentare
  1. Mel sagt:

    Hey Jess,

    Ich kann dich soooo gut verstehen. Mir geht es genau so. Ich hab auch Angst. Allerdings weiß ich auch nicht, was ich ändern könnte, um keine Angst mehr zu haben oder im Allgemeinen die Situation zu verbessern. Ich bin ratlos und weiß nicht mehr weiter. Danke für deine Worte, die die mir aus der Seele sprechen.

    Lg Mel

  2. Hey meine Liebe!

    Ich kann deine Angst verstehen, aber sie sollte dich nicht einnehmen oder gar lähmen! Denn dies ist mitunter ein Zweck des Terrorismus, die Angst, der Rückzug, die Hilflosigkeit …

    Vielmehr sollten wir uns ein Beispiel an den Franzosen nehmen, an all jene die damals vom Anschlag betroffen waren! Sie haben dem getrotzt, sich nicht in die Knie zwingen lassen & ihr Leben weiterhin gelebt, ihnen sich nicht panisch ausgesetzt. Denn dies ist es was du tust, wenn du in deine Angst verfällst.

    Und die Menschen stehen schon auf, helfen einander, dies jedoch wird bei weitem nicht so gestreut wie die negativen Nachrichten.

    Herzlichst,
    Janna

    • Schattenkämpferin sagt:

      Ach Janna,

      mein Kopf weiß das alles. Aber mein Bauch grummelt trotzdem. Ich meine, ich weiß, dass es meinen Herzmenschen gut geht, und das ist für mich das Wichtigste, auch wenn das ziemlich egoistisch klingt. Mir ist auch klar, dass diese schlimmen Augenblicke ganz viel Gutes nach sich ziehen, aber das Gute findet halt nicht den Weg in die Nachrichten, oder nur selten. Wir sollten alle unsere Herzen und Türen öffnen – sollte es jemals hier in Hamburg zu so etwas kommen, werde ich eine der ersten sein, die den Hashtag #offenetuer nutzt und Unterschlupf bietet.

      Komm gut durch die Feiertage,
      Jess

      • Hach meine Feine, es ist auch nicht so das ich dich nicht verstehen würde! Aber eben auch wichtig nicht in diese Angst zu verfallen! Und ja, die schlechten Nachrichten sind wichtig, aber das was viele tun wird dabei leider weniger thematisiert …
        Hamburg grauts mir eh, wenn ich da an das Gipfel treffen 2017 denke!!

        Hab du auch dennoch ein paar mukkelige Weihnachtstage!!
        Janna

        • Schattenkämpferin sagt:

          Oh Gott, hör mir bloß mit dem Gipfeltreffen auf … es war schon schlimm, als das OSZE hier war, die komplette Umgebung um die Messehallen war quasi hermetisch abgeriegelt, da ging überhaupt nichts mehr. Es durften keine Autos, nicht mal Fahrräder(!!!) in der Gegend abgestellt werden. Ich möchte gar nicht daran denken, was h9ier abgeht, wenn nächstes Jahr das Gipfeltreffen stattfindet. Wahrscheinlich werde ich mich dann für eine oder zwei Wochen einfach woanders einquartieren. Kenne ja zum Glück genug Menschen in Deutschland und woanders auf der Welt ^^

          Angst ist so eine Sache. Erst vorhin habe ich ein Zitat von Melanie Raabe aus „Die Falle“ wiedergefunden: Ja, ich habe Angst. Aber wenn ich in den letzten Wochen und Monaten etwas gelernt habe, dann das: Angst ist kein Grund, etwas nicht zu tun. Ganz im Gegenteil.
          (Seite 282/283)

          Das trifft es irgendwie ziemlich gut. Ich habe nur noch keine Möglichkeit gefunden, das alles wirklich in Worte zu fassen.

          Morgen geht’s zu meiner Familie nach Strausberg (bei Berlin, haha …), da werden wir es uns schön machen. Wird das erste Weihnachten seit einigen Jahren, bei dem wieder fast die ganze Familie zusammen ist. Mal schauen, wie sich das ausläuft.

          Genieß Du ebenfalls die Zeit mit den Lieben,
          liebe Grüße,
          Jess

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