Der Assistent 1 (Susan Jones)
Klappentext:
Susan Jones entführt, fesselt und berauscht!
Sie liebt ihren Job
und ihren Assistenten.
Sie kann nicht ohne ihn,
doch er kann ohne sie …
Eine große Firma.
Eine hörige Chefin.
Ein perfekter Assistent.
Rezension:
Rebecca hat es geschafft – sie leitet als erste Frau im Unternehmen eine eigene Abteilung, hat eine eigene Sekretärin, ein tolles Büro, jede Menge Verantwortung und der Aufstieg in den Vorstand scheint zum Greifen nahe. Unter ihrem beruflichen Erfolg leidet jedoch ihr Privatleben, wie ihre Mutter immer wieder zu betonen weiß und auch von ihrer besten Freundin vor Augen geführt wird. Doch Rebecca ist zufrieden mit ihrem Leben – was ihr fehlt, ist nicht etwa der Mann fürs Leben, sondern ein fähiger Assistent, der ihr lästige Aufgaben vom Hals hält und sie bei anstehenden Projekten unterstützt. Beim Auswahlverfahren steht sehr schnell fest, dass Marc derjenige sein soll, auch wenn er Rebecca neben seinen fachlichen Qualitäten ganz schön aus dem Konzept zu bringen versteht. So entwickelt sich eine sehr gute berufliche Zusammenarbeit, während Rebeccas Gedanken jedoch auch privat immer öfter zu ihrem fähigen Assistenten wandern. Nach einem gemeinsamen Abend mit viel Wein kommt es schließlich zu einer Situation, die sie in eine schwierige Lage bringt: Kann der kollegiale Umgang am Arbeitsplatz erhalten bleiben, wenn es privat heiß hergeht? Und plötzlich findet sich Rebecca in einem Strudel aus sexuellem Verlangen und beruflicher Professionalität wieder, der sie immer weiter hinabzieht in einen Abgrund, aus dem sie nur eine Person herausholen kann. Doch ausgerechnet Marc scheint es so gar nicht ähnlich zu gehen …
In Zeiten von „Shades of Grey“ bekommt die erotische Literatur einen ungeahnten Aufwind und immer mehr Leser finden – auch ganz offenkundig – Gefallen an diesem Genre. Vor allem die Thematik des „BDSM“ erfreut sich an einer wahren Romanflut, wobei hier nur wenige als echte Perlen angesehen werden können – die Bücher, die sich nicht nur der allseits bekannten Klischees bedienen, sondern es auch verstehen, die eine Rolle spielenden Komponenten zu einem literarischen Dickicht zu verflechten und ansprechend an den Mann bzw. die Frau zu bringen.
In Susan Jones’ Roman, der bereits vor dem SoG-Hype erschienen ist, finden die selbst in aufgeklärten Zeiten immer noch als unnormal verpönte Sexpraktik, vor allem aber die nicht beeinflussbare Entwicklung bis hin zu einer regelrechten Abhängigkeit von einem einzigen Menschen einen passenden Rahmen. Zwar wird auch hier wieder die Abhängigkeit einer, wenn auch erfolgreichen, Frau von einem Mann thematisiert, doch man bekommt dieses Klischee als Leser nicht zwangsläufig aufs Auge gedrückt. Während empörte Stimmen sich und andere fragen, ob dieses Bild der Sexualität durch die Literatur vernormalisiert wird, und sich gegenseitig zu unbegründet negativer Kritik anstacheln, können Leser mit einem etwas weiteren Horizont durchaus Gefallen an der Geschichte finden. Denn in dieser geht es mehr als nur um Unterwerfung und „Brutalität“. Sicherlich ist Der Assistent 1 kein Aufklärungsbuch, weiß aber doch sehr anschaulich darzustellen, dass es zu diesem Spiel immer zwei Leute braucht und die Kontrolle immer bei beiden Partnern liegt. Was die Autorin neben der sexuellen Komponente wunderbar einbindet, ist die Abhängigkeit, die zur Hörigkeit wird – und die ist nun wirklich keine ausschließlich sexuelle Sache.
Was überrascht, ist die klare und deutliche Sprache, die allerdings zu keinem Zeitpunkt plump ist. Man kann natürlich keine besonders ausgereiften Wortspiele erwarten, trotzdem hat Susan Jones genau den richtigen Ton getroffen, um nicht nur Freunde dieses Genres anzusprechen, sondern auch in Sprachliebhabern gewissen Saiten zum Klingen zu bringen. Es ist ein leichter, jedoch schneller Schreibstil, der dem Inhalt zugute kommt und den thematischen Schwerpunkt neben der abwechslungsreichen Erotik noch unterstreicht. Dass auch die nicht sexuellen Passagen überzeugen können, vervollständigt das Lesevergnügen und macht Der Assistent 1 zu einem der – auf die Masse gesehenen – wenigen Bücher des Genres, die zu lesen sich lohnt. Wie der Nachfolger an diese Geschichte anschließt und ob er genauso überzeugen kann, werden wohl nicht alle Leser dieses Buches wissen wollen – doch die, die Gefallen am ersten Teil gefunden haben, halten gespannt nach dem zweiten Teil Ausschau.
Fazit:
Der Assistent ist sicherlich keine Allerweltslektüre, die den durchschnittlichen Leser überzeugt. Die Thematik ist recht speziell und wer hier einen normalen Erotik-Roman erwartet, dürfte nicht nur enttäuscht, sondern möglicherweise auch erschreckt sein. Doch Susan Jones schafft es, sexuelle Hörig- und Abhängigkeit ansprechend darzustellen und ein interessantes Setting aufzubauen, das anregend ist und kribbelnd zu unterhalten weiß – auf genau die Weise, die man von einem erotischen Roman erwarten darf.
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