Backstage: Wenn Bedeutung unter die Haut geht …

Ich weiß nicht mehr, wann ich das erste Mal wirklich darüber nachdachte, mir Farbe in die Haut ritzen zu lassen. Aber ich weiß noch ziemlich genau, wie mein erstes Wunschmotiv aussehen sollte: Es war ein kleiner Teufel mit Dreizack, der dreckig grinst und seinem Gegenüber den Mittelfinger zeigt. Das Motiv lachte mich eines Tages irgendwo an und ich wusste genau, das passt perfekt zu mir. Eine Stelle hatte ich auch schon festgelegt, nämlich ungefähr auf Höhe des Blinddarms. Ich sah es sogar vor mir, wie ich es gerne haben wollte: In Schwarz-Weiß mit Schattierungen. Tja, aus diesem Tattoo wurde (bisher zumindest) nichts, obwohl mich das Motiv bis heute reizt, auch wenn es mittlerweile wohl eine andere Stelle bekommen würde.

Die zweite Tattoo-Idee entstand dann nach meinem ersten Wacken Open Air, denn danach stand fest, dass ich den Wackenschädel im Nacken verewigt haben möchte. Auch diese Idee hielt sich hartnäckig in meinem Kopf, bis ich sie schließlich verwarf – denn für mich war immer klar, dass meine Tattoos einzigartig sein sollten, genauso wie ich es bin, und wenn man sich mal umschaut (bei Google und Co.), dann weiß man sehr schnell, dass dieser Schädel keineswegs einzigartig wäre. Also wurde auch aus dieser Idee nichts, worüber ich heute aber nicht traurig bin.

apocalypticaStattdessen reifte eine neue Idee in mir heran, die ich dann auch endlich umsetzte. Im Dezember 2011, später als ursprünglich geplant war, ließ ich das Logo der Metal-Band Apocalyptica auf meinem rechten Handgelenk verewigen. Ich wurde von vielen Seiten für verrückt erklärt und musste Fragen in dem Stil „Was ist denn, wenn die sich mal trennen? Oder wenn Du eines Tages die Musik von denen überhaupt nicht mehr magst?“ über mich ergehen lassen, aber ich habe nur mit einem Ohr hingehört.
Die Bedeutung dieses Tattoos ist schnell erklärt, und damit eigentlich auch die Beantwortung der zahlreichen Fragen, denn Apocalyptica waren die erste Band, die mich nicht nur während des Schreibens inspirieren konnte (hiervon gab es einige), sondern die es tatsächlich auch geschafft hat, mein unruhiges Gedankenchaos zumindest in Teilen zum Schweigen zu bringen. Diese vier Cello-Rocker haben es geschafft, mich wie keine andere Band in zahlreichen Lebenslagen zu stützen und zu stärken. Und tatsächlich gibt es bis heute kaum eine Band, die das ebenfalls geschafft hat.

fighterEine relativ spontane Entscheidung, die eigentlich dann auch ausschlaggebend für den wirklich raschen Termin für das Apocalyptica-Tattoo war und auch im gleichen Termin gestochen wurde, ist ein „Fighter“-Schriftzug in meinem Nacken. Doch die Spontaneität macht es nicht weniger wichtig, denn im Grunde ist es sogar mein bedeutungsvollstes Tattoo, und gleichzeitig das mit der für mich wichtigsten Hintergrundgeschichte.
Es ist meine geheime Kraftquelle: Schon immer, wenn ich unsicher bin, fasse ich mir in den Nacken. Und 2011 war für mich ein sehr kämpferisches Jahr, wenn auch eigentlich nur auftaktmäßig, denn der Kampf zieht sich bis heute hin und wird auch bis an mein Lebensende dauern. Irgendwo online habe ich einen ähnlichen Schriftzug auf einem Unterarm gesehen, und eines Tages kam mir die Idee, ich könnte dieses Zusammenspiel nutzen. Ich habe mich auch deshalb ganz bewusst für einen eher femininen Schriftstil entschieden, der die „Härte“ und die Aussage des einzelnen Wortes nur noch zusätzlich unterstreicht.

feder22Mein drittes und bisher größtes Tattoo mit der umfangreichsten Begründung kam dann Anfang Januar 2013 dazu: Die sogenannte Feder22, die meinen linken Rücken von der Schulter bis knapp unter der Brusthöhe ziert. Auch hier handelt es sich wieder um ein Bandlogo, allerdings in abgewandelter und extra auf meine Wünsche angepasster Version. Auch bei dieser Idee wurde ich wieder für verrückt erklärt, was ich aber irgendwie nachvollziehen konnte – denn das kolletiv22 bestand als solches noch nicht mal ein Jahr und ich selbst kannte die Band vielleicht einen Monat, als die Idee in mir heranreifte. Trotzdem stand für mich fest, dass dieses Motiv mein nächstes werden würde.
Ich war schon lange auf der Suche nach einer geschickten Verbindung zwischen meiner Liebe zum geschriebenen Wort und meiner Liebe zur Musik. Mir schwebte eine Zeit lang ein Notenschlüssel im Kopf herum, der sich um eine Schreibfeder windet, doch als ich das Bandlogo sah, hatte meine Suche schlagartig ein Ende. Die Feder war perfekt und genau das, was ich mir gewünscht habe, und mein Tätowierer ergänzte das wunderschöne Teil um ein paar Noten. 22 Stück, um genau zu sein, und auch die „22“ des Originallogos sollte bestehen bleiben, um meinen Tribut an die junge aufstrebende Band zu zollen. Denn sie schaffen das, was mein Tattoo aussagen sollte: Sie verbinden wundervolle Worte zu großartigen Texten und unterlegen sie mit tanzbarer, aber auch nachdenklicher Musik.

Ihr seht also, meine Tattoos haben alle eine wirkliche Bedeutung und sind nicht einfach irgendwie schnell entstanden. Abgesehen vom Nacken-Schriftzug (da hat’s keine Woche gedauert) haben sie alle eine etwas längere Zeit von der Idee bis zum fertigen Entwurf gebraucht. Und ich trage sie mit großem Stolz. Jeden einzelnen Tag. Auch wenn ich den „Fighter“ zwischenzeitlich sogar vergesse, weil ich ihn nicht jeden Tag sehe und es tatsächlich immer mehr Tage gibt, an denen ich mir nicht in den Nacken fassen muss. Doch gerade dieser Schriftzug hat inzwischen auch anderen Menschen Inspiration geschenkt, was ihn noch besonderer für mich macht.

Aktuell plane ich mein viertes Tattoo, für das Ort und Motiv bereits feststehen, auch wenn ich mich beim Motiv noch nicht hundertprozentig festgelegt habe. Auch eine Idee für ein fünftes Tattoo reift bereits in meinem Kopf heran, wobei das keine eigene, sondern eher die Idee einer engen Freundin ist, die mir vielleicht erlaubt, sie zu nutzen. Doch dazu kann ich ja dann einen gesonderten Beitrag schreiben, wenn es an der Zeit ist ;)

Ihr seid, wie immer bei meinen Artikeln, sehr herzlich eingeladen, euch in den Kommentaren auszutoben. Erzählt mir von euren Tattoos oder Tattoo-Wünschen oder lasst eure Meinung zu meiner Körperkunst da – ganz wie ihr möchtet.

Meinen herzlichen Dank an Lisa Petersohn für die Bearbeitung der Fotos :o)

Dieser Beitrag ist Teil 8 von 30 aus der Serie: Backstage | Zeige alle Teile

Teil 1: Neue Artikel-Kategorie: „Backstage“

Teil 2: Backstage: Wie viel Glück kann ein Mensch haben?

Teil 3: Backstage: Einmal und nie wieder!

Teil 4: Backstage: Warum mein Herz für Hamburg schlägt

Teil 5: Backstage: Shoppingwahn am Vor-Welttag des Buches

Teil 6: Backstage: Hamburger Nächte

Teil 7: Backstage: Draußen lesen

Teil 8: Backstage: Wenn Bedeutung unter die Haut geht …

Teil 9: Backstage: A Question Of Lust – oder nicht?

Teil 10: Backstage: … Sonntagsgedanken …

Teil 11: Backstage: Jetzt beginnt mein (Lese)Wochenende …

Teil 12: Backstage: Gehaime vor- und nachwhainachtliche Überraschungspost

Teil 13: Backstage: Manchmal gibt’s so Momente …

Teil 14: Backstage: Eine Zugfahrt, die ist lustig …

Teil 15: Backstage: … durch Raum und Zeit und Worte …

Teil 16: Backstage: Interessante Jobangebote im richtigen Moment

Teil 17: Backstage: Wenn Schweigen zur Gewohnheit wird …

Teil 18: Backstage: Wenn eine gemeinsame Reise zu früh endet …

Teil 19: Backstage: „Ich muss mich leider über Dich beschweren.“

Teil 20: Backstage: Wenn Bedeutung unter die Haut geht (Teil 2)

Teil 21: Backstage: Wenn Alpträume nicht nur den Schlaf rauben.

Teil 22: Backstage: Der etwas andere Liebesbrief

Teil 23: Backstage: Warum Schwäche auch eine Stärke sein kann

Teil 24: Backstage: Somewhere over the rainbow

Teil 25: Backstage: Hi, my name is Chase!

Teil 26: Backstage: Wenn Bedeutung unter die Haut geht (Teil 3)

Teil 27: Backstage: Warum ich dieses Mal nicht am #litnetzwerk teilnehme

Teil 28: Backstage: Wenn Bedeutung unter die Haut geht (Teil 4)

Teil 29: Backstage: Sechs Monate, ein Jahr und zwei Leben

Teil 30: Backstage: #MobbingVerjährtNicht


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5 Kommentare
  1. Cindy sagt:

    Guten morgen.

    Dein tattoo am Rücken ist echt wunderschön. Das mal gleich zu Beginn gesagt!
    Ich selbst habe keine Tattoos, da ich es mir nicht vorstellen kann wie es an mir aussehen könnte. Bin da der Meinung, dass es nichts für mich ist!! Das heißt aber nicht, dass ich gegen Tattoos Bin, es ist nur einfach nichts für mich!.

    Die Reaktion, deiner Bekannten, Freunde oder Family bezüglich eines Bandlogos kann ich gut verstehen, das wäre auch zu hundert Prozent meine Meinung gewesen, wenn ich es zu erst gehört hab, verrückt, was ist wenn man die Band nicht mehr mag….. Aber deine Bedeutung ist ja eine andere. Ich finde es klasse, das hinter jedem tattoo bei dir eine Begründung ist, die alles sehr speziell erscheinen läßt.
    Wenn man sich ein Tattoo stechen läßt, dann sollte es tiefgründig sein, für einen was ganz besonderes sein. Ich finde es schlimm, wenn man es nur als Modeerscheinung machen läßt, ich sag da nur arschgeweih!

    Hoffe, von dem zukünftigen Tattoos werden auch Fotos zu sehen sein.

    LG cindy

  2. Mel sagt:

    Hallo Schattenkämpferin,

    ein sehr schöner Artikel und auch sehr schöne Tattoos. Ich durfte 2 ja schon in Natura betrachten und mir gefallen diese sehr gut. Es ist schön deine Geschichte dahinter zu hören und ich freue mich auf die nächsten Beiträge, dieser Art.

    Ich habe keine Tattoos. Früher hab ich mich auch damit beschäftigt, aber mittlerweile bin ich total davon abgekommen. Ich wüsste nicht was ich machen sollte. Deine Tattoos haben eine Geschichte. Ich wollte früher immer nur eines, weil ich es aufregend und schick fand.

    Lg Mel

  3. Tialda sagt:

    Einer der tollsten Artikel, die in letzter Zeit gelesen habe :).

    Ich bin auch eine stolze Tattooträgerin, wobei ich zugeben muss, dass meine Tattoos nie lange brauchten, bis ich sie umsetzte. Mein erstes Tattoo verbinde ich übrigens auch mit einer Band – A.F.I. und die Buchstaben stehen für „a fire inside“ – genau diese drei Worte zieren meinen linken Unterarm. Darüber hab ich noch ein Herz das in Flammen steht und einerseits symbolisiert dieses Tattoo meine Liebe zur Musik und im geheimen auch den Zeitpunkt an dem ich angefangen habe gegen meine Krankheit zu kämpfen – die Band habe ich damals ständig in der Klinik gehört, in der ich begann den Kampf aufzunehmen.

    Die drei anderen Tattoos stehen für Schutz und Religion (ein Pentagramm), dafür dass es immer zwei Seiten im Leben gibt (ein Heartagramm, das Logo der Band „HIM“) und für die Liebe zu meinen beiden Katzen (eine Emily the Strange-Katze). Weitere sind sind in Planung und eigentlich scheitert die Umsetzung nur am Geld…

    Herzigst,
    Tialda

  4. Ich habe mich letztes Jahr zu meinem Geburtstag Tättoowieren lassen. Das war das Geschenk meines Freundes und eine totale Überraschung. Ich wusste schon die ganze Zeit, dass ich eins am Handgelenk haben will, am rechten um genau zu sein. So gestochen, das ich es anschauen kann. Denn schließlich habe ich es für mich stechen lassen.
    Es ist ein Buch geworden. Viele haben danach auch komisch geschaut und mit der Nase gerümpft aber das ist mir sowas von egal! Ich liebe es und das ist für moich wichtig. Ich zeige gerne meine Leidenschaft zum Buch obwohl ich kein eigenes geschrieben habe. Bücher gehören einfach zu meinem Leben und hat daher eine Bedeutung für mich. die Seiten sind nicht beschrieben und vielleicht lasse ich mir später noch was reinschreiben. Mal schauen. Aber ich habe auch schon an ein weiteres Tattoo gedacht. Ich hätte gerne eine Fee oder einen ganz winzigen Marienkäfer. Der Marienkäfer würde gut ans andere Handgelenk passen ;-).

    Ich finde den schriftzug Fighter total gut ausgewählt. Ich mag die schriftart total. Das A für die Band sieht auch toll aus. Könnte ja auch für was anderes stehen ;-).

    Liebe Grüße
    Vanessa

  5. Hallo,
    die Feder gefällt mir ja besonders gut. Tattoos sollten keine Modeerscheinung sein und deshalb gestochen werden. Mir gefallen die Geschichten dazu und auch wenn sie etwas verrückt sind manchmal ;-)
    Sehr tolle Tattoos, jetzt gucke ich mir aber Teil 2 gleich an ;-)
    Schönen Sonntag
    Tanja

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