Die Buchspringer (Mechthild Gläser)

Die Buchspringer (Mechthild Gläser)

Klappentext:

Während des Sommerurlaubs auf einer vergessenen Shetlandinsel erfährt Amy, dass sie als Mitglied der Familie Lennox of Stormsay über die Fähigkeit verfügt, in Bücher zu reisen und dort Einfluss auf die Geschichten zu nehmen. Schnell findet Amy Freunde in der Buchwelt: Schir Khan, der Tiger aus dem Dschungelbuch, hat stets wertvolle Ratschläge für sie, während Goethes Werther zwar seinen Liebeskummer in tintenhaltigen Cocktails ertränkt, Amy aber auch ein treuer Freund ist, seit sie ihn vor den Annäherungsversuchen der Hexen aus Macbeth gerettet hat. Lediglich die Idee, Oliver Twist Kaugummi zu schenken, war nicht die beste …

Doch bald merkt Amy, dass die Buchwelt nicht so friedlich ist, wie sie zunächst scheint. Erst verschwindet Geld aus den Schatzkammern von Ali Baba, dann verletzt sich Elizabeth Bennet auf dem Weg zum Ball mit Mr Darcy, sodass eine der bekanntesten Liebesgeschichten der Weltliteratur im Keim erstickt wird. Für Amy ist klar: Sie muss den Störenfried stellen! Doch erst, als sich die Zwischenfälle auch auf die Realität auswirken und schließlich sogar ein Todesopfer fordern, wird Amy klar, wie ernst die Bedrohung ist. Worauf hat es der geheimnisvolle Attentäter wirklich abgesehen?


Rezension:

Um ihrer Mutter, die unter erbärmlichen Liebeskummer leidet, einen Gefallen zu tun und weil es sonst auch nichts weiter für sie auf dem Festland zu tun gibt, stimmt Amy zu, die Sommerferien gemeinsam mit ihrer Mutter auf Stormsay zu verbringen. Sie freut sich auf viel Zeit zum Lesen und Erkunden der Küstenlandschaft und hofft, auf diese Weise Abstand zu den unschönen Ereignissen und Tatsachen Zuhause gewinnen zu können. Hätte sie allerdings geahnt, dass Stormsay nicht nur irgendeine Insel ist, sondern sich im Besitz ihrer Familie befindet, hätte sie vielleicht eine andere Entscheidung getroffen. So hingegen muss Amy schon kurz nach ihrer Ankunft damit fertig werden, dass das Anwesen ihrer Großmutter gehört, mit der ihre eigene Mutter schon vor Jahren gebrochen hat, und dass außerdem keine sechs Wochen Freizeit auf sie warten, sondern sie auch hier die Schulbank drücken müssen wird. Denn sie gehört den Buchspringern an, die jedoch im Normalfall bereits im frühen Kindesalter entsprechend gelehrt werden. Amy hat also einiges nachzuholen, und schnell stellt sie fest, dass sie irgendwie anders ist – auch anders als die anderen beiden Buchspringer, die sie in der geheimen Bibliothek kennenlernt.

Nach ihrem großartigen Steamfantasy-Zweiteiler in Eisenheim waren die Leser gespannt, was sich Mechthild Gläser wohl als nächstes ausdenken würde, um ihren Fans spannendes Lesevergnügen zu bereiten. Es hat ein wenig gedauert, doch nun ist mit Die Buchspringer endlich neuer Lesestoff von der jungen Erfolgsautorin auf dem Markt und bietet etwas völlig anderes als die Eisenheim-Geschichte. In ihrem neuen Stand-Alone macht sie es sich zur Aufgabe, bekannte und große literarische Werke zu verbinden und mit ihnen eine ganz neue spannende Story mit kriminalistischen, aber auch phantastischen Einflüssen zu kreieren. Was auf den ersten Blick erstmal wie ein etwas ideenloser Abklatsch wirken könnte, kann den Leser jedoch schnell vom Gegenteil überzeugen. Trotz oder gerade wegen einiger kleiner Schwächen gelingt es besonders den Charakteren, eine warme und herzliche Atmosphäre zu schaffen, obwohl die Geschichte auf einer stürmischen Insel spielt und es durchaus um ein nicht unbedingt erfreuliches Grundthema geht. Mechthild Gläser versteht es jedoch ein weiteres Mal vorzüglich, ihren Charakteren dieses kleine wichtige Etwas zu geben, das den Leser fesselt und am Ball bleiben lässt, auch wenn die Story zwischendurch ein wenig schwächelt.

Den Leser erwarten neben neuen Charakteren aber auch wundervolle Begegnungen mit Helden aus der Kindheit und Jugend sowie möglicherweise eher unliebsame Erinnerungen an die so manche verhasste Schullektüre. Doch genau diese Mischung ist es letztendlich, was Die Buchspringer so besonders macht. Das Zusammenspiel aus Alt und Neu, aus Bekanntem und Innovativem erlaubt der Geschichte einige Seitensprünge, die man in einem anderen Zusammenhang so vielleicht weniger akzeptieren würde. Besonders im Hinblick auf das Ende dürfte es einige kritische Stimmen geben, da es gerade auf den letzten Seiten sehr gewollt und zu bemüht wirkt. Der Abschluss wird die gewonnene Leserschaft wie so oft in verschiedene Lager spalten, auch wenn bei näherer Betrachtung wahrscheinlich kein anderes Ende möglich gewesen wäre. Insgesamt bleibt die Geschichte jedoch rund und ein echtes Lesevergnügen – auch wenn an der einen oder anderen Stelle vielleicht doch ein oder zwei Augen zugedrückt werden müssen.


Fazit:

Ein Buch, das zahlreiche literarische Meisterwerke einbindet und trotzdem auf seine Weise verzaubern kann – genau das ist Mechthild Gläser mit Die Buchspringer gelungen. Geschickt werden hier große Ideen mit einem ganz eigenen Stil verbunden, sodass eine neue Geschichte entsteht und den Leser nicht nur fesseln, sondern auch in eine neue Welt entführen kann. Eine Welt, in der Träumen noch möglich ist. Dieser Roman ist eine ganz klare Empfehlung für alle Literaturliebhaber, denn er bietet so manches Wiedersehen mit bereits liebgewonnenen, auf jeden Fall aber bekannten großen Charakteren.




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