Aktionswoche: „Die Stille zwischen den Sekunden“ – Vorurteile (Tag 5)
Herzlich willkommen zum fünften Tag der Aktionswoche zu „Die Stille zwischen den Sekunden“ von Tania Witte! Gestern hat euch der Medienblogger Johannes ein wenig zum Thema Social Media erzählt, und welche Rolle die verschiedenen sozialen Medien im Jugendroman spielen.
Ich darf euch heute ebenfalls in die Welt von Mara und ihrem Erlebnis entführen – dabei dreht sich bei mir alles um Vorurteile, und ich weiß selbst noch nicht so genau, welchen Weg dieser Artikel einschlagen wird. Es ist ein umfangreiches Thema und meine Gedanken dazu sind mindestens genauso umfangreich.
Wikipedia sagt: „Vorurteil heißt ein Urteil, das einer Person, einer Gruppe, einem Sachverhalt oder einer Situation vor einer gründlichen und umfassenden Untersuchung, Abklärung und Abwägung zuteilwird, ohne dass die zum Zeitpunkt der Beurteilung zur Verfügung stehenden Fakten verwendet werden.“
Ich sage: Niemand ist vorurteilsfrei. Niemand. Allein diese Aussage ist tatsächlich schon ein Vorurteil. Denn ich urteile über alle Menschen, ohne sie zu kennen. Oder ihre Situation, ihren Hintergrund, ihr Leben. Ich stelle die Behauptung auf, dass wir alle, jeder einzelne von uns Vorurteile gegenüber anderen Menschen trifft.
Ein Mann sieht heruntergekommen aus? Er ist bestimmt ein Penner!
Eine Frau ist sehr exklusiv gekleidet? Sie hat sich sicher in der Firma hochgeschlafen!
Ein Mädchen schminkt sich stark? Was für eine eingebildete Zicke!
Ein Junge hat eine etwas verschwommene Aussprache? Der ist doch auf jeden Fall irgendwie behindert.
Und das sind nur vier kleine Beispiele, die mir so ganz spontan einfallen. Weiter geht es mit der Vorverurteilung von Hautfarbe, Aussehen, Ethik, Glauben, Kleidung, Musikauswahl, Krankheiten, Jobs oder der privaten Leidenschaft für Bücher, Filme, Technik, Naturwissenschaften oder oder oder – wer sich davon frei spricht, Vorurteile in irgendeiner Art zu haben, der lügt. Viele Vorurteile sprechen wir gar nicht aus, sondern haben sie einfach unterbewusst im Kopf. Man könnte es auch Schubladendenken nennen.
Was hat diese Einführung nun mit „Die Stille zwischen den Sekunden“ zu tun?
Tania Witte bedient sich in ihrem Jugendbuch sehr offensichtlich einiger Klischees, die genau diese Masse an Vorurteilen in unserer Welt deutlich machen. Ich kann nicht einschätzen, ob sie das absichtlich tut, doch da immer wieder auf bestimmte Dinge hingewiesen wird, nehme ich an, dass es zumindest nicht ganz ungewollt ist.
Nehmen wir zum Beispiel Mara. Sie ist eine typische Außenseiterin, sehr ruhig mit nur zwei Freunden auf der ganzen Schule. Zwar irgendwie selbstgewählt (behauptet sie jedenfalls), aber eben auch sehr klassisch. Mit ihrer besten Freundin, der Muslima Sirîn, unterhält sie einen Kochblog, der zwar eher semierfolgreich ist, aber ihnen beiden Freude bringt. Maras andere Freundin Lyd hat offenbar einen Esoteriktick und ihre Mutter macht einen auf perfekte Mutter, die alles mitbringt, was eine Mutter mitbringen sollte – nur kochen kann sie nicht. Mit ihrem besten Freund hat Mara ihr erstes Mal erlebt, der hat sich dabei natürlich sofort in sie verliebt und benimmt sich überhaupt ganz komisch. Zum Beispiel bändelt er mit dieser strunzdummen Barbiepuppe Annabell an. Und dann ist da auch noch Chriso mit seinem doofen und langweiligen, dafür aber umso erfolgreicheren YouTube-Vlog, für den Mara seit etwa anderthalb Jahren schwärmt, obwohl er ein echt arroganter, oberflächlicher Arsch ist – in Maras Augen jedenfalls. Gefühle lassen sich aber nunmal nich abschalten, auch wenn Mara ihn eigentlich gar nicht mögen will, weil er eben so ist, wie er ist.
Einen Teil dieser „Vorstellung“ habe ich bewusst etwas überspitzt dargestellt, um einmal deutlich zu machen, wie schnell man in die verurteilende Richtung abdriften kann. Diesen Absatz hätte ich auch ganz anders formulieren können. Sachlicher, weniger emotional, nur auf Fakten basierend. Ohne meine eigene Interpretation. Ich könnte hinter die Masken schauen, die die Protagonisten vielleicht tragen, und euch die Personen dahinter näher bringen. Habe ich aber nicht – aus gutem Grund. Denn Vorurteile kann man nicht komplett abschalten. Das wird niemals funktionieren.
Aber: Wir können, jeder für sich, mehr darauf achten. Uns bewusster machen, was wir denken. Und dann daran arbeiten, es zu ändern. Schon ein „guck mal, wie der aussieht“ kann als Vorurteil angesehen werden oder zu einem wachsen. Schaut einmal bewusst auf eure Gedanken, wenn ihr durch die Stadt lauft, bei der nächsten Shoppingtour, auf dem Weg zum Bus oder zur Bahn. Ich bin sicher, ihr werdet erschrecken – mir jedenfalls ging es so.
Blogtour-Gewinnspiel
Im Rahmen der Blogtour werden 3 Exemplare „Die Stille zwischen den Sekunden“ von Tania Witte verlost.
Um am Gewinnspiel teilnehmen zu können, musst du jeden Tag eine Zahl auf dem jeweiligen Blog, bei dem die Tour gerade Halt macht, suchen.
Am Ende der Blogtour hast du 7 Zahlen, die chronologisch zusammengesetzt einen Code ergeben.
Diesen 7-stelligen Code schickst du bitte bis einschließlich 20.04.2019 an svenja.sohrbeck[at]arena-verlag.de
Bei der Verlosung der 3 Bücher werden alle richtigen Zahlen-Codes berücksichtigt. Die 3 Gewinner*innen werden per eMail benachrichtigt. Viel Glück!
Die heute Zahl für den Zahlen-Code lautet: 4.
Tja, und nun bleibt mir nicht mehr viel mehr zu sagen, bis auf: Morgen geht es beim Goldkindchen mit dem Thema „Wahrheit“ weiter. Ich hoffe, wir konnten und können euch auf das Buch neugierig machen, und drücke allen Schattenwege-Lesern kräftig die Daumen fürs Gewinnspiel ;)
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eine Kommentar
Hi Jessica
Cooler Beitrag, der auch mir wieder zeigte, wo ich Vorurteile habe.
Sei lieb gegrüßt Nicole