Blogtour – Buch im Kontext: Kennzeichnung in Konzentrationslagern

Herzlich willkommen zum dritten Tag der Blogtour zu „Der Tätowierer von Auschwitz – Die wahre Geschichte des Lale Sokolov“ – die letzten beiden Tourstationen waren schon sehr interessant und thematisch auf das Buch von Heather Morris abgestimmt. Ich hoffe, dass ihr von der schweren Thematik noch nicht übersättigt seid und weiterhin Lust habt, ein paar mehr Hintergrundinformationen zu erfahren, auch wenn wir euch bei dieser Tour nicht das Buch selbst vorstellen.

Bei mir soll es im Rahmen der Blogtour heute um die Kennzeichnung der Häftlingen in den Konzentrationslagern gehen. Starten möchte ich mit einem kleinen Zitat, das die Arbeit von Lale in Auschwitz bzw. Birkenau, einem direkten Außenlager von Auschwitz, recht gut umschreibt. Das Zitat zeigt, dass es zwar eine an sich recht einfache Aufgabe war, aber der psychische Druck einen gewissen Einfluss hatte. Auch wenn Lale eine vermeintlich sichere Position im Konzentrationslager hatte, war auch für ihn immer Vorsicht geboten, vor allem im Umgang mit anderen Häftlingen. Der kleinste Fehler konnte ihn und die Person, mit der er gerade beschäftigt war, jederzeit das Leben kosten.

Lale versucht, nicht aufzublicken. Er greift nach dem Zettel, der ihm gereicht wird. Die fünf Ziffern darauf muss er auf das Mädchen übertragen, das ihn in der Hand hält. Da ist schon eine nummer, aber die ist verblasst. Er drückt die Nadel in ihren linken Arm, formt eine 3, wobei er versucht, möglichst vorsichtig zu sein. Blut quillt hervor. […] Er wischt das Blut ab und reibt grüne Tinte in die Wunde.
(Aus dem Prolog, Seite 7)

Ein sehr bekanntes Symbol für die gefangenen Menschen in den Vernichtungslagern ist wohl die tätowierte Zahl auf dem meist linken Unterarm. In den letzten Jahren wurde es Usus von Angehörigen der nächsten Generationen, sich die Nummern ihrer verstorbenen Familienmitglieder tätowieren zu lassen. Doch die Vermutung, dass es die einzige und Standardkennzeichnung von Juden und anderen Minderheiten war, ist nicht ganz korrekt. Bei unserem Besuch in der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Neuengamme erklärte unser Guide recht schnell, dass Auschwitz und Birkenau so ziemlich die einzigen Lager waren, wo die Kennzeichnung der Häftlinge auf diese Weise gehandhabt wurde. Die Nummern ersetzten zwar sehr schnell die Namen, wodurch eine weitere Stufe der Entmenschlichung stattfand, geläufig waren hierbei jedoch Metallplaketten, die sichtbar um den Hals getragen wurden mussten, oder auf die Kleidung gestickte Zahlenfolgen.

Neben der als Sinnbild für KZ-Häftlinge bekannten blau-weiß gestreiften Kleidung gab es aber auch Lager, in denen ausrangierte Soldaten verfeindeter Armeen an die Innensassen ausgegeben wurden. Durch diese wurde es für das Wachpersonal der SS schwieriger, die Gefangenen von „Kollegen“ zu unterscheiden. Deshalb wurde 1936 eine noch deutlichere Kennzeichnung eingeführt – um die deutliche Markierung auch weithin sichtbar zu machen, wurde auf farbige, nach unten zeigende Stoffdreiecke (sogenannte „Winkel“) zurückgegriffen, die auf die Kleidung genäht wurden. Anhand der verschiedenen Farben konnte schnell festgestellt werden, welchen Verbrechens sich der jeweilige Häftling strafbar gemacht hat. Zusätzliche Symbole und weitere Markierungen bzw. Buchstaben zeigten an, welche Nationalität und welche Aufgabe (zum Beispiel bei Funktionshäftlingen, wie Lale Solokov einer war) der jeweilige Häftling hatte.

Form und Farbe der Markierung von Lagerhäftlingen in den Konzentrationslagern
(Quelle: Wikipedia)

Die häufigsten Winkel waren:
schwarz (vorher braun) – „Asoziale“ bzw. „Gemeinschaftsunfähige“, später wurden mit braunen Dreiecken Sinti/Roma gekennzeichnet
grün – Kriminelle in kriminalpolizeilicher Vorbeugungshaft („Berufsverbrecher“), im Lagerjargon „BV-ler“ genannt
lila – Bibelforscher: hauptsächlich Zeugen Jehovas (von den NS-Behörden Bibelforscher genannt, siehe Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus), Mitglieder der Siebenten-Tags-Adventisten-Reformationsbewegung, freie Bibelforscher
rosa – homosexuelle Männer (siehe Homosexuelle während der Zeit des Nationalsozialismus)
rot – politische Gefangene (erst Ende 1937 eingeführt)
blau – Emigranten, die nach ihrer Auswanderung wieder in den deutschen Machtbereich gelangten
Doppelte Dreiecke – zwei gelbe Winkel, die aufeinander gesetzt waren und so den Judenstern bildeten, oder ein roter Winkel auf einem gelben war ein Jude, der als politischer Häftling inhaftiert war.
(Quelle: Wikipedia)

Bei der Aufnahme in ein Stammlager erhielt der Häftling also seine sogenannte Registrierungsnummer und eine entsprechende Winkelmarkierung. Die Nummern dienten dabei nicht nur der Identifizierung von Lagerflüchtlingen, sondern beugten auch Verwechslungen von entkleideten Leichen vor. In jedem Lager gab es eine Buchhaltung, in welcher die Nummern erfasst und zwei Mal täglich beim Appell abgerufen wurden, insbesondere vor und nach dem Ausrücken zu Arbeitskommandos. Häftlingsarbeit, die durch an Kleinbetriebe oder Behörden „ausgeliehene“ Häftlinge geleistet wurde, konnte auf diese Weise nachweisbar in Rechnung gestellt werden. Bei einer Verlegung in ein anderes Stammlager bekamen die Häftlinge zum Teil neue Registrierungsnummern.

In Auschwitz gab es neben den klassischen Nummern weitere Einstufungen, wie zum Beispiel die Z-Serie für das Zigeunerlager (ab Ende Februar 1943), das auch im Buch eine tragende Rolle einnimmt, oder die R-Reihe für russische Kriegsgefangene (ab Oktober 1941). Im Mai 1944 wurden für die „Transport-Juden“ außerdem die A- und B-Serien eingeführt.

In der Nachkriegszeit konnte anhand der Lagerbuchhaltungen, die nicht rechtzeitig von den Nationalsozialisten vernichtet oder verschleppt wurden, zumindest teilweise eine Verfolgung Gefangenentransporte zwischen den einzelnen Lagern gewährleistet werden, auch wenn die Häftlinge getötet wurden. Durch die Nummern war es möglich, wenigstens den Todesort und wahrscheinlichen Todeszeitpunkt zu ermitteln.

Tätowierte Nummer eines Auschwitz-Häftlings
(Quelle: Wikipedia)


Blogtour-Gewinnspiel

„Der Tätowierer von Auschwitz“ ist ein wichtiges Buch, das von so vielen und noch mehr Menschen gelesen werden sollte. Dank des Piper-Verlages haben wir im Rahmen der Blogtour die Möglichkeit, gleich zwei Exemplare zu verlosen.
Um in den Lostopf zu kommen, solltet ihr jede Station der Tour besuchen und die jeweilige Frage per Kommentar beantworten. Die heutige Frage lautet:

Welches Kennzeichen war das geläufige Symbol in den Konzentrationslagern?

Das Kleingedruckte
Die Teilnahme an dem Gewinnspiel ist ab 18 Jahren möglich. Andernfalls ist eine Teilnahme nur mit Erlaubnis des Erziehungs-/Sorgeberechtigten möglich.
Die Gewinner_innen werden per Los ermittelt.
Die Teilnahme ist vom 27.08. bis zum 02.09. möglich, die Auslosung erfolgt am 03.09.
Die Adressdaten werden nur zum Versand gespeichert und werden nach Zustellung des Buches gelöscht.
Der Versand der Gewinne erfolgt nur innerhalb Deutschlands und Österreichs.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Für den Postversand wird keinerlei Haftung übernommen.
Eine Barauszahlung der Gewinne ist nicht möglich.
Der Gewinner ist damit einverstanden, öffentlich genannt zu werden.
Jede teilnahmeberechtigte Person darf einmal pro Tag an dem Gewinnspiel teilnehmen.
Mehrfachbewerbungen durch verschiedene Vornamen, Nachnamen, Emailadressen oder ein Pseudonym sind unzulässig und werden bei der Auslosung ausgeschlossen.

Tja, und nun bleibt mir nicht mehr viel mehr zu sagen. Ich hoffe, wir konnten euch auf das Buch neugierig machen und euer Interesse für die gerade leider wieder besonders aktuelle Grundthematik wecken, und drücke allen Schattenwege-Lesern kräftig die Daumen fürs Gewinnspiel ;)


Alle Stationen auf einen Klick:

27.08.2018 – Crow and Kraken
28.08.2018 – Lovely Mix
29.08.2018 – Schattenwege
30.08.2018 – Lisas Bücherleben
31.08.2018 – Kielfeder
01.09.2018 – Lesefreude
02.09.2018 – Ink of Books


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6 Kommentare
  1. Paula sagt:

    Hey,
    Antwort auf die Frage: die Winkel waren die gängige Kennzeichnung der Häftlinge.
    Liebe Grüße,
    Paula

  2. Guten Morgen, ich dachte ich hätte ein Kommi dagelassen aber irgendwie wollte es das wohl nicht. Deshalb jetzt nochmal weil ich diese Blogtour komplett begleiten möchte, das Thema liegt mir einfach zu sehr am Herzen und wer mich kennt weiß, daß Bücher über das dritte Reich, den Holocaust und alles was damit einhergeht viel bei mir zu finden sind. Jetzt aber Dein Beitrag, der ist richtig gut geschrieben und recherchiert. Diese Art Hintergrundwissen interessiert mich immer wieder. Die Frage lässt sich einfach beantworten da Du sehr intensiv darauf eingegangen bist und ich es so oft in den Büchern gelesen habe. Es sind die farbigen Winkel, aus Stoff bestehend die die Insassen kennzeichnen und so auf den ersten Blick erkennen ließ wer was war. Eine Degradierung auf ein Stück Stoff, was für ein Wahnsinn.
    Danke dir für den Beitrag und Deinen Einsatz liebe Grüße
    Kerstin

  3. Buchgefieder sagt:

    Hallo liebe Jessica,

    ich möchte nicht am Gewinnspiel teilnehmen, aber dir sagen, dass diese Blogtour, vor allem aber eure Beiträge sehr informativ und wichtig sind.

    Ganz liebe Grüße
    Karin

  4. Liebe Jessica,

    auch dir ein dickes Lob für diese Blogtour. Zufällig bin ich darauf gestoßen, und bin sehr begeistert.

    Die geläufige Kennzeichnung war der Winkel / Dreieck mit Spitze nach unten.
    LG
    Sandra

  5. Lena sagt:

    Liebe Jessica,

    auch dir vielen Dank für deinen interessanten Beitrag zur Blogtour. Bis auf die Tätowierungen war mir die Kennzeichnung bisher gar nicht bekannt gewesen.

    Zu deiner Frage:

    Dreiecke aus Stoff (sogenannte „Winkel“) waren ein gängiges Kennzeichen in den Konzentrationslagern.

    Liebe Grüße
    Lena

  6. Hallo Jessica,
    außer den Nummern gab es noch die Winkel, dreieckige Stofffetzen in verschiedenen Farben.
    Du hast in deinem Beitrag zur Blogpost dazu eine sehr verständliche Beschreibung dazu abgegeben.
    Ich finde diese Blogtour sehr interessant und wichtig.
    Alles Liebe
    Martina

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