Jill Kismet: Schattenjagd (Lilith Saintcrow)
Egmont Lyx, 1. Auflage August 2010
Originaltitel: Hunter’s Prayer
Aus dem Amerikanischen von Nadine Mannchen
Klappbroschur, 400 Seiten
9,95 € [D] | 10,30 € [A]
ISBN: 978-3-8025-8307-0
Leseprobe
Genre: Urban Fantasy
Klappentext:
Die Pforten der Hölle sind geöffnet …
Als in ihrer Stadt die grausam verstümmelten Leichen einiger Frauen gefunden werden, nimmt die oberste Jägerin Jill Kismet die Ermittlungen auf. Doch auf den Spuren des Killers gerät sie selbst in größte Gefahr: Ein Unbekannter hat es auf ihr Leben abgesehen, und er ist bereit, die Pforten der Hölle zu öffnen, um Jill zu töten …
Innerer Klappentext:
Jill Kismet ist die oberste Jägerin von Santa Luz. Seit ihr Mentor ermordet wurde, ist sie dafür verantwortlich, dass dämonische und andere magische Übeltäter ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Doch diese Aufgabe ist nicht immer leicht, vor allem, wenn einmal mehr ein übernatürlicher Serienmörder in der Stadt sein Unwesen treibt. Der Killer hat es auf Prostituierte abgesehen. Er ermordet sie auf bestialische Weise und entfernt Augen und innere Organe. Außer ihrem Beruf haben die Opfer eines gemeinsam: Sie alle waren schwanger.
Und als wäre diese grausame Mordserie noch nicht genug, scheint auch jemand Jill persönlich ins Visier genommen zu haben. Der Unbekannte ist bereit, die Pforten der Hölle selbst zu öffnen, um Jill zu töten. Um das zu verhindern, muss Jill ungewöhnliche Bündnisse eingehen. Neben ihrem Geliebten, dem attraktiven Werpuma Saul Dustcircle, kämpft auch der undurchsichtige Perikles an ihrer Seite. Der Dämon hat ein besonderes Interesse daran, das Leben der Jägerin zu schützen, denn der Pakt, der Jill außergewöhnliche Körperkräfte und geschärfte Sinne verleiht, ist noch immer gültig. Im Austausch für ihre Fähigkeiten muss Jill eine Stunde in der Woche mit dem Dämon verbringen. Und diese Besuche zehren an ihren Kräften, denn Perry hat es sich offenbar zum Ziel gesetzt, Jill auf die dunkle Seite zu ziehen …
Rezension:
In Santa Luz hat es jemand auf den Straßenstrich abgesehen – in den letzten Monaten verschwinden dort immer wieder Mädchen, was zunächst nicht auffällt. Bis die erste ausgeweidete Leiche gefunden wird und die Polizei auf Jill Kismets Hilfe zurückgreifen muss, da offensichtlich übernatürliche Kräfte am Werk sind. Jill, die früher selbst einmal auf dem Strich anschaffen war, bevor sie sich ihres Zuhälters Val entledigt hat und von ihrem späteren Mentor Mikhail aufgenommen wurde, stürzt sich in die Ermittlungen – immer ihre eigene Vergangenheit im Hinterkopf, die sie umso mehr dazu anspornt, den Fall schnellstmöglich aufzuklären. Vor allem weil die Opfer, auch die potentiellen, nicht einmal das zwanzigste Lebensjahr erreicht haben. Schnell stellt sich heraus, dass die Mordserie größere und weitere Kreise zieht, als man annehmen möchte, und Kreaturen ihre Finger im Spiel haben, die weitaus gefährlicher sind als alles, womit Jill bisher zu tun hatte.
Doch nicht nur diese Mordserie gilt es aufzuklären, zudem liegt es in Jills Aufgabenbereich, die Beschwörung eines Alten Gottes durch die unheimlichen Sorrow zu vereiteln. Dass beide Fälle irgendwie miteinander verwickelt sind und auch Jill eine entscheidende Rolle in den Plänen der Beschwörenden spielt, macht es dem Ermittlungsteam nicht gerade leichter, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich auf die Tatsachen zu stützen, aber keine noch so winzige Möglichkeit außer Acht zu lassen. Zudem stellt sich heraus, dass die Kirche, die die Ausbildung der JägerInnen finanziert, einige Geheimnisse bewahrt hat, die sie jetzt in ziemliche Schwierigkeiten bringen und Jills Vertrauen bis ins Tiefste erschüttern. Es ist nicht klar, wem sie noch vertrauen kann, auf wen sie sich verlassen kann und wer hinter ihrem Rücken Kreuzzüge gegen sie plant. Einzig Saul darf sich ihres uneingeschränkten Vertrauens erfreuen – doch auch zwischen ihm und Jill stehen einige unausgesprochene Dinge, die ans Tageslicht wollen, sei es auch mit Gewalt.
Der zweite Band um die Jägerin Jill Kismet wartet erneut mit einer ansehnlichen Geschichte auf, über die hinaus sich jedoch nicht viel gegenüber dem Vorgängerband getan hat. Nach wie vor sind die Charakter unausgereift, obwohl die Autorin spürbar ein großes Augenmerk auf sie gelegt hat.
Jill selbst scheint irgendwie zu Gott gefunden haben, immerzu betet sie innerlich und flucht „Großer Gott!“ und in ähnlichen Weisen. Auch das ihr von Mikhail eingebläute Gebet der Jäger findet auf den 400 Seiten des Romans des Öfteren seinen Platz – zu oft für den Geschmack der Rezensentin, zumal dieses Gebet ein ums andere Mal nicht nur bruchstückhaft, sondern komplett runtergeschrieben ist. Ein Versuch, (halbe) Seiten zu füllen und das Buch so etwas voller werden zu lassen? Nach Meinung der Rezensentin hätte Lilith Saintcrow das gerne bleiben lassen können, denn niemand hat wirkliches Interesse daran, diese Zeilen nach Beendigung des Buches auswendig zu können.
Der Freundes-Feind Perikles, auch liebevoll Perry genannt, findet in Schattenjagd seine ihm zugedachte Rolle nicht auf Anhieb. Er scheint selbst nicht genau zu wissen, wie er nun zu Jill steht – zwar gibt es da diesen Pakt, den die beiden geschlossen haben, doch sein Interesse für den anberaumten monatlichen Termin mit Jill, um ihre „Schuld“ zu begleichen, ist nicht das übliche. Fast wirkt es so, als hätte er ein schlechtes Gewissen, und der Leser kommt erst ziemlich am Ende hinter das Geheimnis, das Perry in diesem Band hütet – verstörend und faszinierend zugleich, sodass der Leser es in erster Linie schade findet, nicht schon früher in den Genuss dieser Zwiegespaltenheit zu kommen.
Und schließlich Saul, der den letzten Hauptcharakter der „guten“ Seite für diesen Band darstellt – die Autorin hat sich bei der Anzahl ihrer Charaktere in Schattenjagd sehr zum Wohlgefallen des Lesers stark zusammen gerissen. Saul ist inzwischen bei seinem „Kätzchen“ eingezogen und stellt mit schöner Regelmäßigkeit seine Fähigkeiten als Hausmütterchen unter Beweis – wie das Werwesen nun mal so machen. Er macht sich tierische Sorgen um Jill und ihre manchmal kopflose Art, sich in Kämpfe zu stürzen, was allerdings verständlich ist, da Jills Tod auch den seinen bedeuten wurde. Er schmiedet Zukunftspläne und möchte Jill „seinen Leuten“ vorstellen, wie er mehrmals betont. Da nicht ganz klar ist, wie weit der zweite Band zeitlich nach dem ersten fortgeschritten ist, lässt der Leser diese Geschwindigkeit ausnahmsweise durchgehen. Anders sieht es mit der ständigen Betonung aus, dass Sauls gebräunte Haut immer und unter allen Umständen einen äußerst gesunden Endruck macht – ähnlich wie mit dem Knackarsch der Protagonistin in Lederhosen in Dämonenmal schafft es die Autorin im zweiten Band mit dieser immer wiederkehrenden Aussage, den Leser nach und nach zu langweilen – und auch zu verärgern. Es wäre zur Abwechslung mal erfrischend gewesen, mehr über das Innenleben der Charaktere zu erfahren, statt von ihrem guten Aussehen übersättigt zu werden.
Über die Handlung lässt sich im Grunde nicht viel schimpfen. Es gibt einige Kampfszenen weniger als im ersten Band der Reihe, dafür steht Jill mehrmals kurz vor dem sicheren Tod, was die Geschichte wohl spannend gestalten soll – und das auch tun würde, wenn sich die Autorin etwas mehr Einfallsreichtum und Experimentierfreude gegönnt hätte. Alles wirkt ein bisschen 0815, was allerdings ausschließlich die Ausarbeitung betrifft – denn sprachlich ist Schattenjagd, wie auch schon sein Vorgänger, ein Genuss für jeden, der es einfach und verständlich mag. Sogar einige Wortspiele und Witze findet der Leser im vorliegenden Roman, die doch das eine oder andere Schmunzeln aufs Gesicht zaubern. Dass das jedoch nicht alles sein kann, wird einem schnell bewusst, als sich die Abläufe der Kampfszenen wiederholen und lediglich die Schauplätze variieren.
Einige neue Gesichter treten auf den Plan; Gesichter, die die Story zumindest phasenweise überaus lesenswert machen und die Hoffnung schüren, im Folgeband Blutige Vergeltung vielleicht auch wieder aufzutauchen. Dem Leser schweben hier sogar schon diverse Möglichkeiten im Kopf herum, diese neuen Charaktere in zukünftigen Geschichten unterzubringen, und man kann nur hoffen, dass auch Lilith Saintcrow den einen oder anderen Gedanken dazu hatte. Denn dauerhaft wird die Dreiecksbeziehung von Jill, Saul und Perry nicht unterhaltsam bleiben, schließlich ist aus allem irgendwann die Luft raus und frischer Wind wird benötigt.
„Ich wollte nicht auf diese Art sterben, nicht so – auf einen Altar gespannt wie in einem schlechten, muffigen Fantasy-Groschenroman.“
(Seite 345)
Schattenjagd ist sicherlich weder schlecht noch muffig. Trotzdem muss der Leser leicht nicken und schüttelt doch gleichzeitig den Kopf bei diesem Satz der Protagonistin, denn wirklich überzeugen kann der Roman trotz aller Mühe leider nicht. Es ist fraglich, wie viele Leser sich nach zwei eher mittelmäßigen Teilen auch noch an den dritten Band trauen oder lieber zu anderen, mehr versprechenden Reihen greifen werden. Grundsätzlich verdient auch die Jill Kismet-Reihe ihre Chance(n), doch die Autorin sollte langsam aus dem Tee kommen und endlich das abliefern, was sie seit Band eins verspricht: Spannende und knisternde Urban Fantasy.
Fazit:
Auch der zweite Band um Jill Kismet weiß nicht richtig zu überzeugen. Die Schwachstellen aus Band 1 wurden durch andere ersetzt, wieder gibt die Story nicht genug her, um den Leser tatsächlich gut zu unterhalten. Trotzdem ist man neugierig auf weitere Erlebnisse von Jill und Saul, der dritte Band Blutige Vergeltung wird ebenfalls Pflichtlektüre sein.
Wertung:
Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 2,5/5
Saintcrow, Lilith: Jill Kismet I – Dämonenmal
Saintcrow, Lilith: Jill Kismet III – Blutige Vergeltung
Crow, Lili St.: Strange Angels I – Verflucht
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