Messerscharf (Silvia Kaffke)

Messerscharf (Silvia Kaffke)

Klappentext:

Down and out – bisher undenkbar für Barbara Pross, Serienmordspezialistin beim BKA. Zurzeit ist sie auf eigenen Wunsch beurlaubt. In ihrer Depression unfähig, Freunde und Familie um Hilfe zu bitten, lebt sie auf der Straße.
Doch ausgerechnet hier geht ein Frauenmörder um. Seine Opfer: obdachlose Frauen und Prostituierte.
Bald findet sich Barbara unfreiwillig in einem Undercover-Job wieder …


Rezension:

Was da lag, war einmal ein menschlicher Körper gewesen. Paul unterdrückte ein Würgen. Offensichtlich hatte die Leiche nicht erst seit gestern in den Abfällen gelegen, und die Trommel des Folienabscheiders hatte ein Übriges dazu getan, dass dieses Etwas grotesk verkrümmt auf dem Band lag, mit dem Kopf voran, die Füße hingen noch hinter den Plastikstreifen des Vorhangs.
(Seite 6)

Nach einem schwierigen und nervenaufreibenden Fall hat sich die Spezialistin für Serienmörder Barbara Pross auf eigenen Wunsch für ein Jahr beurlauben lassen, um ihre Schuldgefühle in den Griff zu bekommen. Geradewegs in Richtung Depression schlitternd verbringt sie die Tage meistens damit, am Frankfurter Hauptbahnhof zu sitzen und dort die Menschen zu beobachten – Touristen und Geschäftsreisende, Obdachlose und Punks, Verkäufer und Kunden, Prostituierte und ihre Freier. Unbewusst hat sie sich das Studium der verschiedenen Persönlichkeiten zur Aufgabe gemacht. Als sie zufällig vom erneuten Fund einer weiblichen Leiche erfährt, fährt sie spontan nach Düsseldorf, um näher am Geschehen zu sein. Dort kommt sie bei einer hilfsbereiten Obdachlosen unter, die ihr einen Schlafplatz anbietet – doch am nächsten Morgen ist diese Frau verschwunden und mit ihr Barbaras Papiere und Geldbörse. Nur mit dem Wechselgeld der Bahnfahrkarte in der Tasche macht sie sich wieder auf den Weg und landet in einer Kneipe, wo sie Thomas kennen lernt. Von ihm bekommt sie ebenfalls einen Schlafplatz angeboten, woraus sich eine kleine Wohngemeinschaft entwickelt, bis ihr Gastgeber eines Abends verhaftet wird. Der Grund: Thomas steht unter dringendem Tatverdacht, der gesuchte Mörder zu sein, denn alle drei Opfer fanden kurz vor ihrem Tod Zuflucht in seiner Wohnung. Und als die Nachrichten schließlich auch noch eine Vermisstmeldung von Barbara bringen, bleibt der Serienmordspezialistin nichts anderes übrig, als sich mit ihren Kollegen in Verbindung zu setzen und eine Undercover-Ermittlung anzubieten. Denn sie ist von Thomas‘ Schuld ganz und gar nicht überzeugt …

Krimis und Thriller aus deutscher Feder werden in den letzten Jahren immer mehr zu einem Trend im Buchgeschäft. Wohin man sieht, pranken endlich auch die Namen von deutschen Größen des Genres auf den Buchcovern und -rücken, und das völlig zu Recht, denn auch aus und in Deutschland weiß man, wie Spannung sein muss. Und nicht nur Männer haben es sich zur Aufgabe gemacht, blutrünstige Thriller zu schreiben, auch Frauen sind durchaus in der Lage, Spannung und Blut in einem Roman zu vereinen und die Seiten beim Lesen nur so dahin fliegen zu lassen. Bereits im Jahr 2000 hat sich auch Silvia Kaffke an Regionalkrimis versucht, in der Zwischenzeit ist sie vor allem mit ihren Historikkrimis um die Schneiderin Lina Kaufmeister bekannt geworden. Doch auch ihre drei Romane um die BKA-Ermittlerin Barbara Pross durften sich bei der jeweiligen Erstveröffentlichung über einen gewissen Erfolg freuen – doch das war vor inzwischen bis zu elf Jahren und seit dieser Zeit hat sich nicht nur auf dem Buchmarkt allgemein, sondern auch und vor allem im Krimi- und Thriller-Bereich einiges getan.

Nun wurde mit Messerscharf der erste Teil der Barbara-Pross-Reihe von einem neuen Verlag erneut veröffentlicht und leider merkt man dem Roman sein Alter an. Zwar ist alles vorhanden, was ein guter Krimi braucht, trotzdem erreicht Pross‘ Debüt im aktuellen Vergleich nur einen Platz im guten Mittelfeld. Vieles ist nach heutigem Empfinden keine Überraschung mehr, erfahrenen Krimilesern wird der große Aha-Effekt am Ende fehlen, der Täter ist ebenfalls recht schnell deutlich zu erkennen (da unter anderem die Schuldzuweisung in Richtung Thomas einfach zu offensichtlich ist, um ihn wirklich den Täter sein zu lassen) – im Großen und Ganzen bietet das Buch also mittelmäßige Spannung, zum Ende hin ein bisschen Action, interessante Lebensgeschichten einiger Protagonisten und eine starke Persönlichkeit, die sich in einer sehr schwachen Phase befindet. Der Unterhaltungswert ist in jedem Fall gegeben und sollte der neue Verlag die Neuveröffentlichung der beiden Folgeromane ebenfalls in Erwägung ziehen, ist eine Überlegung in Richtung grundlegender Überarbeitung vielleicht gar nicht die schlechteste Idee.


Fazit:

Bei der Erstveröffentlichung im Jahr 2000 schlug Messerscharf mit großer Wahrscheinlichkeit wie ein Blitz ein. Nachdem das Thriller-Genre inzwischen große Schritte nach vorn gemacht hat, wäre eine Komplettüberarbeitung vor der zweiten Veröffentlichung bei einem neuen Verlag jedoch eine zu überdenkende Maßnahme gewesen – nach heutigem Stand bleibt Silvia Kaffkes Debüt daher leider nur im Mittelfeld hängen.



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