Timeout auf den Schattenwegen
Ich weiß nicht genau, was letztes Wochenende passiert ist, doch seitdem stehe ich ziemlich neben mir. Besonders bemerkbar hat sich das bei meinem geplanten Lesemarathon gemacht, der nicht mal zu einem Bruchteil umgesetzt wurde – im Gegenteil, ich lag eigentlich die komplette Zeit nur DVD-schauend in meinem Bett. Muss auch mal sein, sicherlich, doch ich habe richtig gemerkt, wie alles in mir runtergezogen wurde. Und als ich dann am Montagmorgen, neben der Magen-Darm-Sache, einfach nicht aufstehen konnte, war für mich klar, dass es sich hierbei um einen gemeinen Anfall von Winterdepressionen handelt. Mehr möchte ich an dieser Stelle erstmal nicht erzählen.
Nach drei Kranken-Tagen mit strenger Bettruhe und viel Schlaf, sechs Staffeln „Sex and the City“ und einem beendeten Buch (fünf freie Tage und nur ein ausgelesenes Buch, das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass etwas nicht in Ordnung ist!) war ich gestern und heute wieder im Büro, und ich fühlte mich okay. Ich konnte mich wieder ohne Probleme aus dem Bett bewegen, konnte mich wieder für meine Leidenschaft begeistern, ich dachte, ich sei überm „Depressionsberg“. Doch meine Konzentrationsschwierigkeiten und eine innere Unruhe, die eine enorme Rastlosigkeit mit sich bringt, sprechen eine andere Sprache. Wenn ich aus Versehen sämtliche Apps von meinem Handy lösche (der Schaden ist inzwischen vollends behoben) und eine fertig geschriebene Rezension „endgültig“ vom USB-Stick entferne, ohne während des Löschvorgangs überhaupt zu zögern oder nachzudenken, dann kann ich leider nicht sagen, dass ich übern Berg bin.
Zusammen mit ein paar Gedanken, die ich mir auch am Wochenende schon gemacht habe, gab mir heute der Kommentar einer lieben Freundin auf der Facebook-Seite einen Schubser in die hoffentlich richtige Richtung: Ich muss kürzer treten und mich selbst sortieren. Wenn ich privat keinen Spaß mehr daran habe, Rezensionen für euch zu schreiben oder die Bücher überhaupt erst zu lesen, wenn mein Kopf im Grunde nur noch ToDo-Listen umherwälzt und ich Aufgaben von einer Ecke in die andere umschichte, dann ist das eine Sache.
Und neben den Schattenwegen habe ich ja auch noch als Chefredaktion für Literatopia einen großen, zeitfressenden Bereich zu verantworten. Dazu kommt noch das ganze andere private Leben außerhalb des Internets, Freunde und Familie, sportliche Aktivitäten und so weiter.
Aber auch und vor allem mein Arbeitsalltag leidet unter dieser Unausgeglichenheit, und das ist etwas, das mir mittel- und langfristig gesehen eine Menge Schaden bringen kann. An den zwei Tagen, die ich jetzt wieder im Büro war, habe ich völlig unnötige Schusselfehler gemacht, weil ich im Kopf einfach nicht richtig bei der Sache war. Mal macht so was nichts, aber gehäuft kann das schnell fatale Folgen haben.
Deshalb habe ich mich entschieden, meinem eigenen Rat zu folgen und mir, erstmal bis zum Monatsende, eine Auszeit zu nehmen. Auszeit heißt in diesem Fall aber nicht, dass ich ganz weg sein werde, ihr werdet natürlich regelmäßig auf Facebook von mir hören. Doch ich möchte mich vor allem selbst nicht mehr dazu zwingen müssen, dies und jenes unbedingt heute noch erledigt zu wissen, denn genau das nimmt mir den Spaß. Natürlich ist mein Kopf trotzdem voll von Ideen und auch das schlechte Gewissen nagt immer mal wieder versuchsweise an mir, aber ich habe dank meiner langjährigen Erfahrung inzwischen auch Übung darin, dieses wenn nötig beiseite zu schieben. Ganz zurückziehen möchte ich mich aktuell noch nicht und ich hoffe, dass dieses minimale Kürzertreten schon ausreicht, um mich wieder zu fangen, meinen Kopf in Ordnung zu bringen und wieder Spaß an dem zu finden, was ich hier (und bei Literatopia) mache. Schließlich haben alle Beteiligten an diesem Projekt verdient, dass ich mit hundert Prozent dahinter stehe, und die kann ich momentan nur dann geben, wenn ich mich dazu zwinge und alles andere zurückstelle.
Im Klartext heißt das für euch eigentlich nur eins: Dass es eventuell etwas ruhiger wird, weil ich mich nur dann an einen Text setze, wenn ich wirklich Lust dazu habe oder mir das Thema extrem unter den Nägeln brennt. Ihr erreicht mich weiterhin über die Kommentarfunktion, per Mail und natürlich auf Facebook – und die ganz Privilegierten auch per Handy ;)
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4 Kommentare
Oh, das tut mir aber leid. Warum setzt du dich denn so unter Druck? Das alles soll doch Spaß machen. Es werden sich ja nicht aufeinmal alle von dir abwenden, nur weil du nicht jeden Tag etwas schreibst. Wichtig ist jetzt, dass es nicht schlimmer wird. Falls du Hilfe bei irgendetwas brauchst, sag Bescheid auch wenn du nur jemanden zum reden brauchst.
Viel Glück und ruh dich aus!
Lg Mel
Liebe Jess,
beim stöbern in den Schattenwegen und beim lesen deiner Statusmeldungen schwirrte mir einige Male der Gedanke durch den Kopf – Himmel, hat das Mädel einen straffen Zeitplan. Ähnlich einer Kollegin von mir, deren Freizeit bis auf die letzte Minute verplant war.
„To do“ Listen sind sicherlich organisatorisch sinnvoll, setzen einen allerdings auch, vielleicht unbewußt, unter Druck. Wenn man dann noch ein wenig sprunghaft durchs Leben läuft, wird die Spaßliste von gestern zur ungewollten Pflichtliste von morgen. Schließlich war es ja so geplant.
Wenn einem die geliebten Dinge dann plötzlich keinen Spaß mehr machen fängt der Kopf natürlich an zu rattern. Sinnlos darüber zu grübeln. Ich denke die Psyche rebelliert irgendwann wenn alles zu viel wird. Ein sogenannter Overflow im Hirn.
Genieße deine Auszeit, gammel rum wenn dir danach ist. Mache das, wonach dir spontan der Sinn steht, nicht was letzte Woche geplant war. Vor allem lebe ein gesundes „Scheißegel“ Gefühl! ((:
Viel Erfolg dabei!
Sonnige Grüße
Claudia
Eine sehr weise Entscheidung, Liebes. Du hast nicht vorher schon auf dich gehört und die Bremse gezogen, deshalb hat dein Körper das jetzt für dich erledigt, dich schachmatt gesetzt, dir eine Depression verpasst, damit du mal still hältst, ob du willst oder nicht. Es ist auch gut, dass du dir erst einmal ein bisschen Auszeit nimmst. Und wenn du noch Bedarf spürst, dann verlängerst du die Auszeit einfach. Die hast du dir verdient. Und weißt du was? Man muss sich viele Dinge gar nicht verdienen. Man kann sie einfach tun, weil sie gut tun oder Spaß machen. Ja?
Ich deck‘ dich zu. Ruh‘ dich aus. ❤
Danke, ihr Lieben <3