Beta (Rachel Cohn)

Beta (Rachel Cohn)

Klappentext:

Sei perfekt. Oder dich erwartet ein Schicksal, schlimmer als der Tod.

Elysia ist ein Klon. Sie dient den Menschen, ohne zu fragen. Sie hat keine eigenen Bedürfnisse. Sie hat keine Gefühle. Doch die Realität sieht anders aus: Elysia hat Gefühle. Sie ist neugierig. Sie will alles erleben.
Auch die Liebe. In ihrer Welt bedeutet das für einen Klon den Tod. Es sei denn, sie kann aus dem Paradies fliehen …

Romantisch, paradiesisch und verstörend – BETA


Rezension:

Ich will Liesel sanft anstupsen, damit sie aufwacht. Sie soll nicht zu spät in den Unterricht kommen. Sie soll lernen dürfen. Aber Xanthe hält meine Hand fest.
“Wünschst du dir etwas?“, fragt sie leise.
Mein Herz fängt an, schneller zu klopfen, als würde mich jemand bedrohen, obwohl ich weiß, dass ich nur über meine Pflichten belehrt werde.
“Nein, ich wünsche mir nichts“, sage ich. „Ich diene.“
“Richtige Antwort“, sagt Xanthe und weckt Liesel auf.
(Seite 69)

Die Welt in einer nicht allzu fernen Zukunft. Die meisten Kontinente sind überflutet, was die Menschen dazu gezwungen hat, in die Wüstenstädte zu siedeln. Inmitten dieser wässrigen Welt gibt es jedoch auch ein kleines sicheres und wunderschönes Paradies: Die Inselgruppe Demesne, die mitten im sturmreichen Ozean liegt und für viele zu kostspielig zum Leben oder Ausspannen ist. Auf einer der Inseln befindet sich das Forschungslabor, in dem Klone erschaffen werden – Klone von kürzlich Verstorbenen, die als Arbeiter oder zum puren Vergnügen bei den auf Demesne lebenden Menschen eingesetzt werden. Sie gleichen ihren sogenannten Firsts bis aufs Haar, einzig violette Tattoos an der rechten Schläfe unterscheiden sie von ihnen.
Zu diesen Klonen gehört auch Elysia, eine Teen-Beta. Elysia wird an die Familie Bratton verkauft, wo sie den Weggang der ältesten Tochter, die auf dem Mainland studiert, ausgleichen soll. Mit dem wichtigsten Grundwissen und hervorragenden Manieren ausgestattet ist sie ein Vorzeige-Objekt, als Testklonversion von pubertierenden und daher voraussichtlich aufmüpfigen Teenagern jedoch grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen. Anhand ihres Einsatzes soll vor allem ausprobiert werden, wie weit Teen-Klone in ihrer Pubertät unter Kontrolle gehalten werden können.
Und Elysia macht ihre Sache gut, sie benimmt sich vorbildlich und erfüllt ihren Besitzern, die sie tatsächlich wie ein richtiges Familienmitglied behandeln und ansehen, jeden Wunsch mit Bravour. Doch Elysia hütet auch ein Geheimnis: Sie kann schmecken und sie hat Erinnerungen von ihrer First, die sie eigentlich nicht haben dürfte. Und sie verliebt sich in den Sohn einer anderen auf der Insel lebenden Familie – obwohl sie gar keine Gefühle haben dürfte …

Bisher kennt man Rachel Cohn lediglich als Jugend-Belletristik-Autorin, doch mit Beta wagt sie nun ebenfalls den Vorstoß in das Genre der Jugend-Dystopie. Tatsächlich unterscheidet sich die hier erzählte Geschichte vom Grundsatz her nicht sehr von ihren bisherigen Büchern – denn wie in den meisten Dystopien geht es neben der klassischen Rebellion gegen das vorherrschende System auch in Beta um eine junge Liebe. Diese findet jedoch erst ab ungefähr der Hälfte ihren Platz, denn die Autorin lässt sich viel Zeit mit der Erzählung und Darstellung von Elysias Leben auf Demesne. Für den Leser ist das ein zweischneidiges Schwert, denn dadurch passiert im ersten Drittel des Buches nicht besonders viel. Trotzdem lernt man die Insel mitsamt ihren Bewohnern sehr gut kennen und kann so ein Gefühl für das Leben entwickeln, das die Protagonistin dort führt. Mit viel Liebe und Begeisterung hat Rachel Cohn ihre Charaktere entwickelt, die sehr authentisch echte Jugendliche darstellen und in ihren Verschiedenheiten eine gelungene und willkommene Abwechslung bieten. Durch das Einfließen von den Erinnerungen ihrer First wird der Leser in Sachen Liebesgeschichte immer wieder angefüttert, ohne jedoch allzu enttäuscht zu sein, dass besagter Junge dann doch nicht auftaucht. Denn hier ist der Autorin ein wunderbarer Überraschungseffekt gelungen, der sicherlich so manchen Leser für einen Moment aus dem Konzept bringen dürfte.

Insgesamt bleibt die Story trotzdem in großen Teilen recht vorhersehbar, was in Anbetracht der Zielgruppe jedoch kein Problem darstellt. Auch sprachlich ist klar zu erkennen, dass Beta eher für jugendliche Leser gedacht ist, denn viel Raffinesse ist hier nicht zu finden. Aber auch Erwachsene dürften mit dieser Jugend-Dystopie ihre Freude haben, denn vor allem die Beschreibungen der Insel und ihren Vorzügen lädt zum Träumen ein, mal wieder einen längeren und erholsamen Urlaub einzulegen. Demesne weckt in jedem Fall die Reiselust oder zumindest den Wunsch nach einem entspannenden Wochenende in einem Wellnesshotel mit allen Schikanen. Ob das so von der Autorin gewünscht ist, sei dahin gestellt, doch dem Unterhaltungswert des Buches kommt diese Tatsache definitiv zugute. Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten – ein fieser und tatsächlich überraschender Cliffhanger sorgt aber mit ziemlicher Sicherheit dafür, dass der Folgeband unruhig erwartet wird. Wann dieser in die deutschen Bücherregale kommt, ist beim Schreiben der Besprechung noch nicht bekannt, aber man kann sich ziemlich sicher sein, dass die Wartezeit viel zu lang sein wird. Es heißt also abwarten – und sich das Warten vielleicht mit einem anderen Roman von Rachel Cohn zu versüßen.


Fazit:

Trotz einiger Schwachstellen kann Rachel Cohn mit Beta für einige unterhaltsame Lesestunden sorgen. Obwohl die recht vorhersehbare Geschichte bisher nicht viel Neues hergibt, verspricht dieser Trilogie-Auftakt mit seiner innovativen Idee spannende Aussichten auf die Fortsetzung. Die Grundstory hat ein enormes Potential und man darf gespannt sein, welche Abenteuer Elysia in weiteren Bänden noch bestehen muss und darf.



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