Deathbook (Andreas Winkelmann)
Klappentext:
Auf den Gleisen liegt ein Mädchen. Das jämmerliche Kreischen von Metall auf Metall. Ein zerstörter Körper. Unmengen an Blut. Ein Selbstmord?
Die 15-jährige Kathi war Andreas Winkelmanns Lieblingsnichte. Der Thrillerautor kann nicht glauben, dass sich das lebenslustige Mädchen das Leben genommen hat, und macht sich auf die Suche nach Hinweisen.
Auf ihrem Computer findet er seltsame Videos. Videos, die zeigen, dass Kathi verfolgt wurde. Die Spur führt immer tiefer ins Netz hinein, zu immer grausameren Videos. Worauf hat sich Kathi da eingelassen? Und in wessen Hände ist sie dabei geraten? Als Andreas Hinweise auf eine Webseite namens Deathbook entdeckt, ahnt er, dass Kathi ein tödliches Spiel gespielt hat – und dass sie nicht die Einzige war. Denn wer einmal in die Fänge des Deathbook geraten ist, den lässt es nicht mehr los …
„Deathbook“ erschien zuerst als digitaler, interaktiver Serien-Thriller in 10 Episoden. Diese gedruckte Ausgabe ist eine vom Autor ergänzte reine Textfassung, mit zahlreichen neuen Passagen. Hochspannung garantiert!
Rezension:
Als auf den Eisenbahngleisen ein 15-jähriges Mädchen überfahren wird, kann und will der Thrillerautor Andreas Winkelmann nicht glauben, dass es sich dabei tatsächlich um seine Nichte Kathi handeln soll. Und noch weniger versteht er den Verdacht der Polizei, dass es sich dabei um einen Selbstmord gehandelt haben soll. Die junge Heranwachsende war immer seine Lieblingsnichte, ein lebensbejahender Mensch, gut gelaunt und an seiner Arbeit interessiert – warum sollte sie sich so plötzlich und aus heiterem Himmel das Leben nehmen? Für Andreas steht schnell fest, dass das alles irgendwie nicht zusammenpasst, und er macht sich auf die Suche nach ein paar Antworten. Dabei stößt er auf Kathis persönlichem Computer auf ziemlich verstörende Videos, in denen deutlich wird, dass Kathi einen sehr hartnäckigen Stalker zu haben schien. Ist dieser Verfolger am Ende der Mörder? Immer tiefer verstrickt sich Onkel Andreas in seinen privaten, natürlich nicht immer ganz legalen Ermittlungen und entdeckt schließlich eine Onlineplattform namens Deathbook – eine Webseite, auf der die angemeldeten Personen sich zu einer Art Spiel zusammenfinden. Ein tödliches Spiel, aus dem es kein Entkommen gibt – frei nach dem Motto: Töten oder getötet werden …
In einer Zeit, in der das Internet einen enorm großen Stellenwert in der Gesellschaft einnimmt und Facebook und Co. nicht mehr wegzudenken sind, ist Literatur, die Derartiges thematisiert, bei Weitem keine Seltenheit. Andreas Winkelmann hat mit Deathbook einen interaktiven, sehr anschaulichen, aber aufgrund des zeitgemäßen Themas auch beängstigend realistischen Thriller geschaffen. Dass die Geschichte durch ihn als Hauptfigur auf eine persönlichere Ebene gehoben wird, ist der Intensität des ohnehin tiefgehenden Psycho-Thrillers nur zuträglich. Denn tatsächlich hat der Autor seinem Protagonisten nicht nur seinen Namen, sondern wohl auch seinen Charakter geliehen – das verleiht nicht nur zusätzliche Authentizität, sondern gibt dem Leser gleichzeitig auch das Gefühl, dem Autor ein ganzes Stück näher zu sein. Ob das in dieser Situation so das ist, was man wirklich möchte, sei dahin gestellt. Fakt ist aber, dass die Perspektive des erzählenden Ichs auf diese Weise eine ganz neue Bedeutung zu bekommen scheint.
Doch keine Sorge, Andreas Winkelmann ist in Deathbook nicht alleine auf des Rätsels Lösung aus. Man trifft auch wieder auf die reizende, bereits in Wassermanns Zorn überzeugende Ermittlerin Manuela Sperling, die zwischendurch auch mal zu Wort kommt. In wechselnden Abschnitten bekommen nicht nur die beiden, sondern auch Opfer und Täter eine Stimme und dürfen die ganze Sache aus ihrer Sicht der Dinge erzählen. Das macht das Lesevergnügen abwechslungsreich und bietet zwischendurch immer mal wieder die Möglichkeit zum vermeintlichen Durchatmen. Der Autor versteht es dieses Mal vorzüglich, den Leser mitzureißen und mit teils wirklich gemeinen Episoden- bzw. Kapitelübergängen förmlich dazu zum Weiterlesen zu zwingen. Ein Aus-der-Hand-Legen ist jedenfalls sehr schwierig und es kann leicht passieren, dass die Nacht plötzlich vorbei ist und man kein Auge zugetan hat. Tatsächlich wirkt Deathbook aber auch nach dem Lesen noch recht intensiv nach und man überlegt sich zukünftig vielleicht sogar einmal mehr, was man im Internet verbreitet und auf welchen Plattformen man sich anmeldet. Glaubwürdigkeit und Brisanz finden hier eine gute Basis und machen das Lesevergnügen noch greifbarer.
In der gebundenen Ausgabe muss man auf den direkten Zugriff auf die digitalen Elemente des Episoden-Thrillers zwar verzichten, daran verschwendet man im Leserausch allerdings keinen einzigen Gedanken. Stattdessen fiebert man förmlich gemeinsam mit dem Autor und versucht, das Rätsel um seine Lieblingsnichte und die anderen Opfer zu lösen. Für Spannung ist in jedem Fall gesorgt und man merkt deutlich, dass Andreas Winkelmann beim Schreiben voll in seinem Element war. Im Vergleich zum Vorgänger Wassermanns Zorn gelingt es ihm hier sehr schnell, den Leser auf seine Seite und in seinen Bann zu ziehen. Dass dabei die gefährlichen Seiten des für nahezu jedermann zugänglichen World Wide Webs aufgezeigt werden und dass man nicht immer alles glauben sollte, was man online so liest, verstärkt den Sog nur noch zusätzlich und macht aus Deathbook einen wahren Pageturner. Eine ganz klare Empfehlung, nicht nur für Thriller-Fans!
Fazit:
Mit seinem ursprünglich digitalem, interaktiven Serien-Thriller macht Andreas Winkelmann einen gewaltigen Sprung zum Vorgängerbuch – Deathbook überzeugt auf voller Linie. Ein spannendes Setting, eine zeitgemäße Idee, authentische Charaktere und ein Verwirrspiel sondergleichen – hier findet der Thriller-Leser alles, was das Herz begehrt.
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2 Kommentare
Ich schätze, du hast recht, was unsere Vorliebe für ungewöhnliche Ermittler angeht :). „Deathbook“ fand ich nämlich auch wegen der Perspektive des Schriftstellers sehr genial! Ich habe es seinerzeit als Hörbuch gehört, weil es mir wegen des Sprechers Simon Jäger von Audible vorgeschlagen wurde. Ich weiß zwar grad nicht, ob du etwas mit Hörbüchern anfangen kannst – aber Jäger war auch der Sprecher der Katzenbach-Thriller, von dem ich „Der Patient“ erst vor kurzem einmal wieder gehört habe. Dieser Mann kann’s einfach, es lässt einen nicht los, wenn wer mit seiner dunklen Stimme gruselige Geschichten vorliest :).
Liebe Grüße
Ascari
Hallo Du Liebe,
Simon Jäger soll ja großartig sein. Ich mag allerdings Rainer Strecker unhemilich gerne, den durfte ich schon auf zwei Lesungen (von Eoin Colfer und Jason Segel) erleben. Der hat’s auch voll drauf!
Nur kann ich mit Hörbüchern nicht viel anfangen. Ich glaub, darüber schreibe ich auch mal einen Artikel *lach*
Liebe Grüße zurück!