Die radioaktive Marmelade meiner Großmutter (Ramona Ambs)

Die radioaktive Marmelade meiner Großmutter (Ramona Ambs)

Klappentext:

Romy wächst nach dem Tod ihrer Mutter bei ihren vom Holocaust traumatisierten jüdischen Großeltern auf. Gefangen in diesem Käfig aus Erinnerungen, die nicht ihre eigenen sind, sucht sie nach einem Ausweg.
Sie schnüffelt an den Lacken im Keller, probiert die Tabletten der Großmutter und schließlich auch den Stoff, der bereits ihrer Mutter den Tod brachte: Heroin.

Romy landet schließlich auf der Straße. Sie lässt sich treiben, verdingt sich eine Weile in Istanbul, bevor sie sich verliebt und das Leben nicht mehr gelb, sondern golden strahlt. Aber auch das goldene Strahlen der Liebe kann die Schatten über Romys Leben nicht vertreiben …

Ramona Ambs gelang das eindringliche Portrait eines jungen Mädchens – humorvoll, tragisch und einfach wunderschön zu lesen.


Rezension:

Manche Leute werden schon als Junkies geboren. Sie sind von klein auf süchtig. Süchtig nach Leben und Liebe. Süchtig nach Heimat oder wenigstens einem sicheren Ort. Vielleicht süchtig nach einem rosa Kaninchen … einem rosa Kaninchen, das sich wie Leben anfühlt … oder wenigstens so ähnlich.
(Seite 5)

Nachdem ihre Mutter an einer Überdosis Heroin gestorben ist, wächst Romy bei ihren Großeltern auf. Diese haben seinerzeit den Holocaust überlebt und ein entsprechendes Trauma davon getragen, welches Romy eigentlich jeden Tag zu spüren bekommt. Als es Romy irgendwann reicht, möchte sie ausbrechen und verfällt schließlich durch ihren Freundeskreis den Drogen. Harmlos beginnend findet sie sich schnell im Strudel des Drogenrausches wieder und aus diesem kaum wieder heraus. Irgendwie schafft Romy, mit Hilfe ihres Onkels Max und einer Therapie, trotzdem den Absprung und kann sich ein Leben ohne Drogen aufbauen – doch wie lange kann sie dem Rausch wirklich widerstehen?

Es ist auf jeden Fall zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben, Aber das ist nicht so schlimm. Ich bin schon froh, wenn ich keine unglückliche Gegenwart spüre. Das reicht aus, um nicht rückfällig zu werden.
(Seite 66)

Die radioaktive Marmelade meiner Großmutter ist das Debüt einer deutschen Autorin, die den Ubooks-Verlag mit der Vielschichtigkeit ihres Romans überzeugen konnte. Ramona Ambs bringt verschiedene Themen zusammen, die jedes für sich einen eigenständigen Roman verdient hätten, und die im Hinblick darauf sehr geringe Seitenzahl dürfte so manchen Leser erst einmal verwundern. Doch tatsächlich finden trotzdem alle wichtigen Punkte ihren Platz: Die omnipräsenten Auswirkungen des Holocausts, der Drogensumpf, der Umgang mit jüdischen Mitbürgern, aber auch die Möglichkeiten, die das Leben bietet. In einem sehr abgeklärten und kühlen Sprachstil erzählt Romy in der Ich-Perspektive aus ihrem Leben und schafft es dabei, trotz der Härte in ihren Worten, den Leser zu berühren. Obwohl die Sprache sehr alltagstauglich ist, finden sich zahlreiche wunderschöne Zeilen, sodass auch Zitate-Liebhaber hier vollends bedient werden.

Leider gibt es neben den schönen und wortgewaltigen Teilen auch viele Fehler, die durch das Korrektorat gerutscht sind und den Leser immer wieder aus der Geschichte reißen. Das hemmt den Lesefluss und auch das Lesevergnügen erheblich, denn Zeichenfehler und vergessene Buchstaben haben auf diesen wenigen Seiten eigentlich nichts zu suchen. Der inhaltlichen Qualität tut dies zwar kaum einen Abbruch, ist aber trotzdem schade – denn bei einem für diesen Umfang doch hohen Preis sollte darauf geachtet werden, dass schöne Wörter nicht durch hässliche Fehler kaputt gemacht werden.

Das ist einer von diesen gemeinen Tricks des Lebens. Egal wie sehr du dich abrackerst und mühst – das Leben hat das letzte Wort, und manchmal ist das letzte Wort der Tod. Der Tod trennt dich von allen, die du liebst, und weil er ein Teil des Lebens ist, kann ich das Leben nicht leiden. Im Grunde hat das Leben keine Manieren, denn egal wie nett du zu ihm bist, es ist nie nett zu dir. Am Ende bringt es dich um und schert sich nicht darum, ob du zu ihm fair und anständig warst dein Leben lang.
(Seite 119)

Unabhängig davon hält man mit Die radioaktive Marmelade meiner Großmutter wieder einmal ein Buch der Anti-Pop-Reihe in den Händen, das sich für alle Leser eignet, die sich fernab des Mainstreams unterhalten lassen wollen. Dem Verlag ist hier einmal mehr gelungen, kontroverse Themen unter einen Buchdeckel zu bringen, und nun wird mit Spannung darauf gewartet, was Ramona Ambs den Lesern in Zukunft vorsetzen wird.


Fazit:

Die radioaktive Marmelade meiner Großmutter reiht sich perfekt ins Verlagsprogramm von Ubooks ein und zieht den Leser in eine Geschichte um Holocaust-Nachwirkungen, Drogen und Lebensmöglichkeiten. Ramona Ambs gibt ihrer Protagonistin Romy eine zynische, aber auch gehaltvolle Stimme und sorgt so für rührend-unterhaltsame, aber auch nachdenkliche Lesestunden. Beim nächsten Mal sollte allerdings ein wenig mehr darauf geachtet werden, weniger Fehler in den Druck zu lassen.


Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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2 Kommentare
  1. ClauDia sagt:

    Danke für die Rezi, Jess, ich habs mal auf die WuLi.
    LG Claudia

  2. Ein bemerkenswerter Roman und eine super Recherche!

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