Die Wahrheit über Alice (Rebecca James)

Die Wahrheit über Alice (Rebecca James)

Klappentext:

Ein dunkles Geheimnis
Ein zerstörtes Leben
Eine neue Freundin,
die dir hilft zu vergessen
Aber was, wenn sie nicht ist,
was sie zu sein scheint?

Innerer Klappentext:

Als Alice sie zu ihrer Geburtstagsparty einlädt, ist Katherine mehr als überrascht. Die schöne, strahlende Alice, das beliebteste Mädchen der Schule, will mit ihr feiern? Dabei ist Katherine eine Einzelgängerin, die sich von allen fern hält, damit keiner ihr Geheimnis erfährt: Niemand soll wissen, was mit Rachel, ihrer kleinen, talentierten Schwester, passiert ist. Vor Katherines Augen, die nichts tun konnte, um ihr zu helfen.

Katherine erlebt die Party wie im Rausch, Alice weicht nicht mehr von ihrer Seite. Doch nach und nach wird Alice immer merkwürdiger. Selbstsüchtiger. Grausamer. Bald entdeckt Katherine, dass ihre neue Freundin nach eigenen Regeln spielt…


Rezension:

Katherine ist ein introvertiertes Mädchen, das sich überwiegend vom Rest der Welt abkapselt. In der Schule ist sie Einzelgängerin, privat geht sie nicht weg, sie hat keine Freunde. Vor knapp zwei Jahren zog sie von Melbourne zu ihrer Tante Viv nach Sydney, zu ihren Eltern hat sie seitdem überwiegend telefonischen Kontakt – der Hintergrund für all das liegt in der Vergangenheit, denn eine schlimme Erfahrung hat die Familie zerstört und das heile Leben, dass sie vorher führten, schlagartig beendet. Die früher lebenslustige und mitten im Leben stehende Katherine, damals noch „Katie“ genannt, gibt sich bis heute die Schuld am Tod ihrer jüngeren Schwester und versagt sich selbst das Glücklichsein, die Freude am Leben und auch den engeren Kontakt zu anderen Menschen. Sie lebt immer mit der Angst, dass ihr Geheimnis ans Licht kommen und ihr „neues“ Leben ebenfalls zerstören könnte.
Als Alice, das beliebteste Mädchen der Schule, sie eines Tages auf dem Schulhof anspricht und zu ihrer Geburtstagsparty einlädt, ist Katherine erstmal abgeneigt und vorsichtig. Doch Alice hat ein so einnehmendes Wesen, dass es nicht leicht fällt, ihr zu widerstehen, und so sagt Katherine schließlich zu und eine zarte Freundschaft entsteht. Im Laufe der Zeit gesellt sich noch Robbie dazu, der mit Alice eine seltsame Verbindung unterhält, und so entsteht ein Dreiergespann, das Katherine endlich wieder näher ins Leben bringt.
Unangenehme Eigenarten von Alice fallen eigentlich von Anfang an auf, werden aber als persönlichkeitsrelevante Eigenschaften abgetan. „Alice ist halt so“ heißt es einige Male in dieser oder ähnlicher Form. Doch die Unheimlich- und Dreistigkeiten von Alice steigern sich unweigerlich ins Unermessliche, sodass es zwar eine ganze Weile dauert, am Ende jedoch sowohl Robbie als auch Katherine erkennen, dass ihre gemeinsame Freundin nicht gut für sie ist – in jedweder Hinsicht.

In Die Wahrheit über Alice geht es um ein siebzehnjähriges Mädchen, das nach dem Mord an ihrer kleinen Schwester in sich zurück gezogen lebt und niemanden an sich ranlässt, immer in der Angst gefangen, das dunkle Geheimnis könnte jedes vorhandene Band zu anderen Menschen zerbrechen lassen. Rebecca James geht sehr stark auf das Gefühl der Schuld ein und schafft es dadurch, die Protagonistin nah an den Leser zu bringen. Dass Katherine für ihre siebzehn Jahre sehr erwachsen wirkt – wie eigentlich alle jungen Charaktere im Buch –, lässt sich leicht auf ihre Erfahrungen schieben. Schicksalsschläge verändern einen Menschen grundlegend, so ist es nicht verwunderlich, dass aus dem aufgedrehten, beliebten Mädchen von früher eine stille, unauffällige junge Frau geworden ist. Trotz dieser Schlüssigkeit kann man sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass die Autorin doch ein bisschen zu sehr aufdreht. Denn nicht nur Katherine hat mit einem Geheimnis aus der Vergangenheit zu kämpfen, auch Robbie und, wie sich schließlich herausstellt, Alice ebenfalls wurden in der zurückliegenden Zeit mehr als vom Leben gebeutelt. Da scheint es manches Mal fast so, als habe das Schicksal diese drei armen Seelen zusammengeführt, auf dass sie sich gegenseitig auffangen. Oder eben noch mehr Schaden anrichten …

Durch die von Rebecca James verwendete Sprache fällt es dem Leser leicht, ins Buch und in die Geschichte zu finden. Sprachliche Raffinessen findet man so gut wie gar nicht, alles ist sehr locker und flüssig gehalten, was das Lesen vereinfacht und dahinfließen lässt. Trotz der knapp 320 Seiten hat man nicht das Gefühl, ein lange unterhaltendes Buch in den Händen zu halten, denn die Augen fliegen nur so über die Seiten – was leider nicht unbedingt am spannenden Inhalt liegt. Denn vieles ist vorhersehbar, gerade durch den Prolog, der den Ausgang der Geschichte im Grunde schon verrät. Mit zahlreichen Andeutungen versucht die Autorin, ihren Roman von Anfang an mit einem Spannungsaufbau zu versehen, was ihr allerdings nur bedingt gelingen will. Wie auch bei den Charakteren läuft vieles einfach zu glatt ab, und sollte doch mal etwas schiefgehen, so wirkt es in den meisten Fällen konstruiert und nicht mehr lebensecht.
Die Geschichte, die Katie zu Katherine werden ließ, erfährt der Leser durch Rückblenden, die von der Protagonistin erzählt werden. Bei den wichtigsten Stellen wechselt die Autorin die Perspektive, was anfangs ein wenig verwirrend ist, sich aber im Laufe der jeweiligen Kapitel als sinnvoll erweist – der Leser ist so irgendwie näher am Geschehen und kann sich zumindest ein Stück weit besser einfinden.

Als Gesamtwerk betrachtet stellt Rebecca James’ Debüt vor allem kurzweilige Unterhaltung dar. Gerade die Mischung aus Roman und Psychothriller verspricht einige unterhaltsame Stunden, ohne das Gemüt wirklich zu strapazieren. Während die Geschichte zu gewissen Teilen doch anspruchsvoll ist, variiert der Sprachstil zwischen langweilig und unterhaltend – jedoch fühlt man sich als Leser nie in die Lage gebracht, das Buch weglegen zu wollen. Schnelle Leser werden nur einige Stunden mit der Story über geplante und ungeplante Zufälle, Freundschaften und der manchmal gemeinen Beschaffenheit des Lebens verbringen. Zurück bleibt das Wissen einer unterhaltsamen Zeit, die jedoch nicht lange im Kopf erhalten sein wird. Thrillerfans sollten einen Bogen um das Buch machen, denn obwohl Komponenten aus dem Genre vorhanden und auch geschickt eingeflochten sind, ist und bleibt Die Wahrheit über Alice doch ein Frauenroman, in dem sich hauptsächlich alles um Liebe, Freundschaft, Familie und damit verbundene Schicksale dreht.


Fazit:

Die Wahrheit über Alice ist ein Roman für Frauen mit einigen Komponenten aus dem Thriller-Genre, die es jedoch nicht zur Gänze schaffen, das Debüt von Rebecca James sehr viel spannender zu gestalten. Gute, wenn auch nicht genügend genutzte Ansätze, ein ansprechender, wenn auch teilweise langweiliger Sprachstil und nette, wenn auch etwas farblose Charaktere verbinden sich zu einem kurzweiligen Stück Literatur, das auf weitere Romane der Autorin gespannt macht.



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